Süddeutsche Zeitung, 23.6.2000

Experten-Konferenz in Lüneburg

Beck fordert aktive Einwanderungspolitik

Ausländerbeauftragte: Menschen sollen Zuzug von Ausländern als Bereicherung sehen / Von Arne Boecker

Lüneburg - Die Bundeskonferenz der Ausländerbeauftragten wendet sich gegen Bestrebungen, das Grundrecht auf Asyl aufzuweichen. "Eine institutionelle Garantie, wie sie Teilen der Union als Ersatz vorschwebt, widerspricht der Genfer Flüchtlingskonvention", sagte Marieluise Beck, Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen, am Mittwoch. Man müsse unterscheiden zwischen individuellen Ansprüchen wie dem Asylrecht oder dem auf Familienzusammenführung sowie Regelungen, die man politisch gestalten könne; dazu zählte sie die Einwanderung von Arbeitskräften. "Grundsätzlich müssen wir dazu kommen, dass wir den Zuzug von Ausländern nicht mehr als Belastung, sondern als Bereicherung ansehen", sagte die Politikerin der Grünen.

130 Ausländerbeauftragte aus Bund, Ländern, Städten und Gemeinden trafen sich in dieser Woche in Lüneburg. Der Schwerpunkt ihrer Diskussionen lautete: "Integration in Städten und Gemeinden". Die Konferenz verabschiedete drei Resolutionen. "Chronisch traumatisierte Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo" müsse ein Bleiberecht gewährt werden, indem man sie in die so genannte Altfallregelung aufnimmt. Nach Angaben der Ausländerbeauftragten betrifft dies 5000 Menschen und ihre Familien. Sie wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass mittlerweile 90 Prozent der 350 000 Menschen, die zwischen 1992 und 1995 nach Deutschland geflüchtet seien, in ihre Heimat zurückgekehrt oder ein anderes Land weitergezogen seien.

Einhellig begrüßten die Ausländerbeauftragten den Entwurf der EU-Richtlinie "Familienzusammenführung", die dieses Prinzip auf Menschen aus Drittstaaten ausweitet. Auch eine neue Richtlinie des EU-Rates, die sich gegen Diskriminierung wendet, stieß in der Bundeskonferenz auf breite Zustimmung. "Deutschland muss endlich seine Hausaufgaben machen", heißt es in der Resolution. Das auf den Weg gebrachte Gesetz bekräftige, "dass Diskriminierung kein Kavaliersdelikt ist".