Westdeutsche Zeitung 21.06.2000

Gericht entscheidet über Kurdendemo

Von Tanja Wolf

Düsseldorf. Mittwoch oder am Freitag entscheidet das Verwaltungsgericht über die Kurden-Demo am Samstag, dem Tag der Mittsommernacht. Stimmen die Richter dem Antrag des Oberbürgermeisters auf einstweilige Anordnung zu, wäre die Polizei verpflichtet, die Demonstration zu verbieten.

Spannung im Verwaltungsgericht: Es muss entscheiden, ob die Kurdendemonstration am Samstag verboten wird. Stimmen die Richter dem Antrag des Oberbürgermeisters auf einstweilige Anordnung zu, wäre die Polizei verpflichtet, die Demonstration zu verbieten. "Da steht eine Behörde gegen die andere, das ist für uns auch ungewöhnlich", sagt Werner Mecking, Pressedezernent des Verwaltungsgerichtes.

Offen ist, ob die Entscheidung Mittwoch oder erst Freitag fällt. Die Abwägung beruht auf Artikel 8 des Grundgesetzes (Versammlungsfreiheit) und dem Versammlungsgesetz. Danach kann ein Aufzug verboten oder mit Auflagen versehen werden, wenn "die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist".

"Wir erwarten den Richterspruch mit Gelassenheit" sagt Polizeisprecher Lothar Sprick. "Ein Verbot wäre eine Überraschung." Weil das Versammlungsgesetz recht unkonkret bleibt, orientieren sich Richter an bereits gefällten Urteilen. "Wegweisend war das so genannte Brokdorf-Urteil aus der Zeit der Kernkraftgegner", sagt Sprick. "Das stellte sehr hohe Hürden vor ein Verbot."

Dienstag musste die Polizei dem Gericht eine Stellungnahme vorlegen. Sie hat ab Mittwoch täglich von 8-16 Uhr unter 870 55 55 ein Bürgertelefon geschaltet, das über Zeiten, Straßensperrungen und Kundgebungsort informiert.

Als "absolut richtige Reaktion der Stadt" bezeichnete IHK-Präsident Franzen den Schritt Erwins. "Die Kaufleute sehen hierin ein wichtiges Signal, dass die Stadt ihre Besorgnis ernst nimmt." Franzen befürchtet massive Verkehrsprobleme und fordert künftig eine bessere gegenseitige Information.

Das Organisationsbüro der kurdischen Vereine, Yek-Kom, versteht die Aufregung nicht: "Diese Demonstration wird die Mittsommernacht nicht nennenswert tangieren. Der Zugweg führt doch extra nicht durch die Innenstadt", sagt Organisatorin Heike Hildebrand-Tekin, die wegen der Proteste gestern abermals mit der Polizei telefonierte. "Die Demonstranten haben sicher kein Interesse, abends in die City zu strömen, die werden müde in ihre Busse steigen." Alle so organisierten Großdemonstrationen, ob in Bonn, Köln oder Frankfurt, seien friedlich verlaufen. "Kurzfristig verschieben können wir die Veranstaltung gar nicht, dafür ist zu viel bereits organisiert."

Düsseldorf haben sich die Kurden übrigens nicht gezielt ausgesucht: Sie wollten ursprünglich in Dortmund demonstrieren. Da dort aber am Samstag eine große türkische Veranstaltung stattfindet, empfahlen die Behörden einfach Düsseldorf. Und die hiesige Polizei sah es als lösbare Aufgabe an, die Demo zuzulassen - trotz Mittsommernacht.