Berliner Zeitung 21.06.2000

Prozess gegen Funktionäre der PKK

Anklage: Mitgliedschaft in krimineller Vereinigung

Sigrid Averesch dpa

BERLIN, 20. Juni. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Dienstag vor dem Berliner Kammergericht der Prozess gegen zwei mutmaßliche Funktionäre der Kurdischen Arbeiterpartei PKK begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem 43-jährigen Hasan B. aus Berlin und der 28-jährigen Zeynep H. aus Nordrhein-Westfalen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor. Die Angeklagten verweigerten am ersten Prozesstag die Aussage.

Laut Anklage war die 28-jährige Zeynep H., die seit Dezember vergangenen Jahres in Untersuchungshaft sitzt, als Europavertreterin der PKK-Frauenorganisation tätig. Der Kurdin werden keine einzelnen Straftaten vorgeworfen, etwa die Beteiligung an Anschlägen oder an gewalttätigen Demonstrationen. Vielmehr legt ihr die Bundesanwaltschaft allgemein die Anschläge auf türkische Einrichtungen zur Last, für die sie die PKK bis August 1996 verantwortlich macht. In ihrer Position als Europavertreterin habe Zeynep H. die "gemeingefährlichen Straftaten" mitgetragen, heißt es dazu in der Anklage. Darüber hinaus soll die Kurdin Ausweispapiere gefälscht haben, um PKK-Funktionären einen Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen.

Die Bundesanwaltschaft hatte die PKK, die seit 1993 in Deutschland verboten ist, zunächst als terroristische Vereinigung eingestuft. Seit dem Verzicht auf Anschläge wird sie als kriminelle Vereinigung angesehen. Deshalb wird Zeynep H. sowohl die Mitgliedschaft in einer terroristischen wie auch in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Gefälschte Pässe

Hasan B., der seit Oktober vergangenen Jahres in Untersuchungshaft sitzt, ist dagegen nur wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Dabei wird ihm zur Last gelegt, als Mitglied der so genannten Heimatbüros Passfälschungen organisiert zu haben. Konkret werden ihm zwei Fälle zur Last gelegt, in denen die Polizei drei gefälschte Pässe fand. Zudem muss sich der 43-Jährige wegen des Besitzes einer Pistole verantworten. Sie war bei seiner Festnahme entdeckt worden.

Die Verteidigung betonte in einer Stellungnahme, die Angeklagten seien keinesfalls gefährliche Terroristen. "Sie wollen ihr Ziel, ihrem Volk in der Heimat zu helfen, nicht mit Gewalt, sondern mit politischen Mitteln umsetzen", sagte Verteidiger Paul Eisermann in einer Prozesspause. Weil die Führung der PKK auf Gewalt verzichtet habe, rechnet die Verteidigung laut Eisermann im Fall einer Verurteilung mit Strafen bis maximal drei Jahre.

Die Verteidigung rügte zudem, dass die Angeklagten in einem Glaskäfig sitzen mussten. Das Kammergericht ordnete daraufhin die Öffnung der Glasbox an. Der Prozess ist bis August terminiert. (sav./dpa)