Passauer Neue Presse, 17.06.2000

Interessanter Vortrag

Wird Wasser bald wertvoller werden als Öl?

Seminar des Verbands der Reservisten der Bundeswehr - Auslandskorrespondent Herbert Mair referierte über Wasser als politische Waffe

Von Helmut Schwarzmeier

Poxau. Das Wasser stand im Vordergrund eines Seminars der Kreisgruppe des Verbandes der Reservisten der deutschen Bundeswehr am Donnerstagabend im Gasthaus Kösbauer. "Kampf bis zum letzten Tropfen?", hieß das Thema von Herbert Mair, Korrespondent und Journalist aus Wien.

Unterstützt wurde die Veranstaltung von der Hanns Seidel Stiftung. Als Seminarleiter fungierte Josef Norda, Oberst a.D.

Ausschreitungen in Israel, die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern sind ins Stocken geraten, die Türkei verfolgt die Kurden bis über die Landesgrenzen hinaus: Das sind Schlagzeilen, die des öftern in der Tagesschau zu sehen sind. Vielen sind die Beweggründe manchmal unverständlich. Wer jedoch den Vortrag von Herbert Mair im Gasthaus Kösbauer hörte, dem wurde einiges klar. Elf von mehr als 20 Jahren seiner Korrespondenten-Tätigkeit war Mair im Nahen Osten, vor allem in Israel, im Einsatz. Wenn es auch fast nie zugegeben wird: Das Wasser spielt eine wichtige Rolle. Anhand von Beispielen aus Lateinamerika, Indien, der Türkei und Israel schilderte der Referent, wie Wasser als politische Waffe zum Einsatz kommt. Das Thema Wasser verbindet, so Mair eine Problematik, die bisher kaum wahr genommen wird. Allein in der Tatsache, dass der Mensch nach zwei Tagen den sicheren Tod findet, lauert viel Gefahr. Denn wird das Wasser knapp und ist kein Ausweg in Sicht, werden Völker trotz der Gefahren einen Konflikt nicht scheuen. Gebe ich für Frieden Land zurück? Diese Frage Israels ist nach der Ansicht von Mair ein vordergründiges Argument. Denn es gilt, was unter dem Land ist, nämlich Wasser. Ungerecht verteilt, kann es Konflikte oder Unmut auslösen, aber auch als politisches Druckmittel verwandt werden. Während die Israelis großzügig bewässern und sich im Swimmingpool abkühlen, haben nur wenige Meter entfernt die palästinensischen Bauern Probleme, mangels Wasser ihre Felder zu bestellen. Für die Palästinenser entsteht ein Teufelskreis, und für die Israelis ein Druckmittel. Denn dort kann man zwar Land erwerben. Das Land bleibt jedoch im Eigentum des Staates, man kauft nur den Nießbrauch unter dem Vorbehalt, das Land zu pflegen. Fehlt Wasser, ist das unmöglich, der Vertrag wird nicht eingehalten und der Staat kann von seinem Recht auf Enteignung des Bodens jederzeit Gebrauch machen. Wasser also als politisches Druckmittel. Würde Israel seine Bewässerungslandwirtschaft einschränken, würden für alle Länder der Region genügend Wassermengen vorhanden sein. Israel hat aufgrund seiner Politik in der Region nur wenig Freunde. Jedoch mit der Türkei hat der Staat den wichtigsten Verbündeten auf seiner Seite. Die regionale Supermacht Türkei verfügt über die reichsten Wasservorkommen der Region. Euphrat und Tigris sollen über Staustufen gebändigt werden. Wenn Syrien und der Irak, die Länder am Unterlauf nicht so handeln, wie die Türkei es will, kann für sie das Wasser knapp werden, denn die Türken können jederzeit die Schleusen dicht machen. Besonders prekär werden kann das für Damaskus, das am Tropf vom Euphrat hängt. Auch der Irak weiß, welche Probleme von der Türkei kommen können und verhält sich ruhig, wenn die türkische Armee ins Land eindringt, um die Kurden zu verfolgen. "Es wird einen Frieden im Nahen Osten nur geben, wenn die Wasserfrage objektiv und fair geklärt werden kann", glaubt Mair. Auch innerhalb der EU werden Stimmen für eine Liberalisierung der Wasserrechte laut. Griechenland, Portugal und sogar Belgien sind wahrlich nicht reich gesegnet mit Wasservorkommen. "Ein Thema, das in den nächsten Jahrzehnten auch in der EU zu Spannungen führen wird", davon ist der Referent überzeugt. Die Weltmeister in Sachen Wasserverschwendung sind nicht die Europäer, sondern die Bewohner der Arabischen Emirate mit 528 Litern pro Person und Tag. Dort wird mit hohem technischen und finanziellen Aufwand Meerwasser entsalzt. Obwohl allein die Herstellungskosten 3,50 Mark pro Kubikmeter betragen, bezahlen die Bewohner nur 50 Pfennig. "In 20 bis 25 Jahren wird in diesen Gebieten Wasser wichtiger als Öl werden. Es könnten sogar deswegen Kriege geführt werden", warnt der Korrespondent. Ein weiterer Krisenherd ist Mexiko City mit seinen geschätzten 24 Millionen Einwohnern. Die Stadt braucht pro Sekunde 578 Kubikmeter Wasser. Mittlerweile bewegt man sich schon in einem Radius von 500 Kilometern, um so viel Wasser heranzuschaffen. Ein Teufelskreis, denn dadurch wird die ländliche Gegend ausgetrocknet, sagt Mair. Die Landbevölkerung wandert in die Stadt. Mit dem Zuwachs steigt auch der Wasserverbrauch. Es gilt also, schon im Kleinen mitzuhelfen, dass es nicht zur Katastrophe kommt. Ein tropfender Wasserhahn zum Beispiel, verschwendet in 24 Stunden stolze 19 Liter Wasser. Das sind in der Woche 133 Liter und im Monat weit über 500 Liter Wasser. Auch und gerade drüber sollte man sich Gedanken machen, wenn wieder einmal die schrecklichen Bilder von Durst leidender Menschen in den Nachrichten zu sehen sind.