Main Echo, 13.6.2000

Neue Hoffnung für Familie Cetin

Verwaltungsgerichtshof lässt Berufung gegen Würzburger Urteil zu

Kreis Miltenberg. Im März schien die Abschiebung der kurdischen Familie Cetin nach jahrelangem Kampf um ein Bleiberecht unausweichlich. Jetzt gibt es für die in Weilbach lebenden Mehmet und Sükriye Cetin und ihre drei Kinder wieder einen Hoffnungsschimmer. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Würzburg zugelassen. Zu Beginn des Jahres hatte das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die von der Innenministerkonferenz beschlossene »Altfallregelung« für die Familie Cetin nicht in Frage kommt. Mit diesem Urteil bestätigten die Würzburger Richter die Auffassungen der Ausländerbehörden im Landratsamt und der Regierung von Unterfanken. Beide hattten der kurdischen Familie die Aufenthaltsgenehmigung verweigert.

Zwölfjährigen ins Flugzeug gesetzt

13 Jahre lebt der 25-jährige Mehmet Sait Cetin inzwischen in Deutschland. Als Zwölfjährigen hatten ihn seine Eltern in Istanbul ins Flugzeug nach Frankfurt gesetzt, um den Jungen bei seinen drei Geschwistern in der Bundesrepublik in Sicherheit zu bringen. In Mehmets ostanatolischer Heimat wurden die Kurden vom türkischen Militär verfolgt - die Familie hoffte auf Asyl auch für Mehmet.

Seit 1987 kämpft Mehmet Cetin um sein Bleiberecht in der Bundesrepublik. Mitgefühl und Unterstützung hat er in den vergangenen Jahren von vielen Weilbachern erhalten. Das Schicksal der Familie - Mehmet hatte 1993 in Weilbach Sükriye Cengiz geheiratet - hat die Bürger in dem Ort nicht ungerührt gelassen, besonders weil eines der drei Kinder unter einer schweren Behinderung leidet.

Besonders der CSU-Kreisrat Paul Rippberger hat sich für die Flüchtlinge eingesetzt und sich dabei auch mit Parteifreunden angelegt, die im Asylrecht lediglich ein Abschiebeinstrumetarium sehen.

Mit seiner Entscheidung von Ende Mai hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nun der Familie Cetin und ihren Unterstützern die Möglichkeit eröffnet, gegen die Würzburger Entscheidung Berufung einzulegen. Zunächst verhindert dies die drohende Abschiebung.

Auch gibt die Begründung des Zehnten Senats des Münchner Verwaltungsgerichtshofs den Anwälten der Familie Cetin Schützenhilfe für deren Argumentation. Diese waren davon ausgegangen, dass die Kurdenfamilie unter die 1996 beschlossene Altfallregelung fällt.

Doch die Würzburger Verwaltungsrichter hatten im vergangenen Jahr festgestellt, dass hierfür die Voraussetzungen fehlten: Die Familie hätte ihren Asylantrag zurückziehen müssen, sie hätte gültige Pässe haben müssen und auch die vorübergehende Arbeitslosigkeit von Mehmet Cetin sei ein Grund, weshalb die Altfallregelung nicht angewandt werden könne.

Die Münchner Richter halten dagegen die Urteilsbegründung ihrer Würzburger Kollegen für überprüfenswert. So sei es fragwürdig, schreiben sie in ihrem Beschluss, ob den Cetins vorgehalten werden könne, sie hätten keine gülitgen Pässe gehabt. Tatsächlich seien die zu diesem Zeitpunkt abgelaufenen Pässe bei der Ausländerbehörde hinterlegt gewesen, und die habe sie wegen des laufenden Asylverfahrens nicht zur Verlängerung herausgegeben.

Neue Argumente für Anwälte

Auch darf aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofes den Cetins nicht vorgeworfen werden, sie hätten ihre Asylanträge nicht zurückgenommen. Die Richter gehen davon aus, dass das Innenministerium die Kläger hätte informieren müssen, dass die Anwendung der Härtefallregelung an eine solche Rücknahme geknüpft ist. Dies sei jedoch nicht geschehen.

Die fünfköpfige kurdische Familie kann damit also Berufung einlegen und erneut hoffen, vielleicht doch in der Bundesrepublik bleiben zu dürfen.

Georg Kümmel