Neue Zürcher Zeitung (CH), 09.06.2000

Der iranische Überläufer als Agent der Opposition?

Diskreditierende Erklärung Teherans

vk. Limassol, 8. Juni

Das iranische Geheimdienstministerium hat über die Agentur Irna eine Erklärung zur «wahren Identität» des Überläufers Behbahani verbreitet, der 1988 das Lockerbie-Attentat in iranischen Diensten veranlasst haben will. Nach der Version Teherans heisst der Mann Shahram Beladi Behbahani, ist ein Agent der oppositionellen Volksmujahedin und verbüsste in Iran zwei Gefängnisstrafen, eine wegen Raubüberfalls und die andere für aktive Mitgliedschaft bei den Volksmujahedin. Behbahani selbst gab sich gegenüber der amerikanischen TV-Kette CBS als Ahmed aus und behauptete, ein hoher iranischer Geheimdienstbeamter zu sein, der in der Türkei um politisches Asyl der Amerikaner nachsuchte. Nach Darstellung Teherans ist der 32-jährige Mann diesen Frühling vielmehr während eines Gefängnisurlaubs in die Türkei entkommen; er verbüsste zuletzt eine zehnjährige Haftstrafe, weil er siebenjährige Mitgliedschaft bei den Volksmujahedin im Irak gestanden hatte.

Der Geheimdienst schreibt, Behbahani sei schon Ende 1990 wegen Verwicklung in einen Raubüberfall ins Gefängnis gekommen, später aber in den Irak geflohen, wo er Asyl erhalten habe. Dann habe er während sieben Jahren den Volksmujahedin angehört; am 31. März 1998 sei er dann bei einem Gefangenenaustausch mit Hilfe des IKRK nach Iran zurückgekommen. Der iranische Geheimdienst hatte schon 1997 bei dem Berliner Mykonos-Prozess diskreditierendes Material gegen den iranischen Kronzeugen «C» vorgelegt, doch hier dürften mindestens die Repatriierung durch das IKRK und mithin ein längerer Irak- Aufenthalt leicht zu überprüfen sein.