Frankfurter Rundschau, 7.6.2000

Keine Rede von Vergewaltigung

Asyl für Tamilin abgelehnt / Anwalt schaltet Karlsruhe ein

Von Eckhard Stengel

BREMEN, 6. Juni. Obwohl eine tamilische Frau in Sri Lanka nach ihren Angaben mehrfach von Sicherheitskräften vergewaltigt worden ist, bekommt die nach Deutschland geflüchtete 30-Jährige kein Asyl. Ihr Anwalt hat jetzt Verfassungsbeschwerde eingelegt, um die Abschiebung der Frau und ihrer siebenjährigen Tochter aus Hude bei Bremen zu verhindern.

Die Tamilin war 1997 nach eigener Darstellung verhaftet worden, weil in ihrer Pension mutmaßliche tamilische Rebellen logiert hatten. In der Haft sei sie mehrfach geschlagen und vergewaltigt worden, berichtete sie unter Tränen dem Verwaltungsgericht Oldenburg. Nach ihrer Freilassung auf Kaution habe sie deswegen eine Woche im Krankenhaus gelegen.

Der Einzelrichter lehnte wie bereits zuvor das Asyl-Bundesamt ihren Asylantrag ab. In seinem Urteil (Az.: 2 A 60/98), das auch der FR vorliegt, äußert er Verständnis für das Vorgehen Sri Lankas gegen Tamilen: Die "präventive Terrorismusabwehr" rechtfertige es, dass "auch unbeteiligte Staatsbürger durch Sicherheitsmaßnahmen in ihrer Freiheit beschränkt werden", auch wenn die dabei angelegten Maßstäbe "häufig willkürlich erschienen". Auch die behaupteten Übergriffe während der Haft seien kein Asylgrund, denn man könne nicht "mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen", dass es sich dabei nur um "Exzesse" einzelner Bediensteter ohne staatliche Deckung handele. Dabei beruft sich der Richter unter anderem auf einen älteren Lagebericht des Auswärtigen Amtes, den das Ministerium zum Zeitpunkt des Urteils bereits zurückgezogen hatte.

Nach Ansicht des Gerichts waren die geschilderten Übergriffe auch nicht intensiv genug, um Asyl oder einen Abschiebeschutz zu begründen. Es handele sich nicht um Folter, sondern um "bloß ,ruppiges' Verhalten". Als Übergriffe erwähnt der Richter zudem nur die "massiven Schläge". Die Vergewaltigungen werden im Urteil nicht angesprochen. Eine Beschwerde der Frau beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg blieb erfolglos. Jetzt hat ihr Bremer Anwalt Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt. Er sieht unter anderem die Grundrechte auf Menschenwürde und auf rechtliches Gehör verletzt.

Nach Ansicht des Internationalen Menschenrechtsvereins Bremen sind Vergewaltigungen von Gefangenen in Sri Lanka sehr wohl dem Staat zuzurechnen: Er nutze sie als "psychologische Kriegswaffe gegen die tamilische Bevölkerung".