Die Welt, 6.6.2000

Viele Länder blockieren noch immer die Gleichberechtigung

Treffen der Weltfrauenkonferenz in New York

New York/Berlin - Fünf Jahre nach der Weltfrauenkonferenz von Peking sind Regierungen und Organisationen aus gut 180 Ländern in New York zusammengekommen, um die Bedingungen für Frauen in aller Welt zu verbessern. Auf einer Sondersitzung der UN-Vollversammlung und in begleitenden Rahmenveranstaltungen überprüfen Zehntausende von staatlichen und regierungsunabhängigen Delegierten, in welchen Bereichen sich die Lage von Frauen seit Peking verbessert hat und wo Fortschritte noch dringend notwendig sind. Amerikas First Lady Hillary Clinton wollte ein Forum über so genannte Mikrokredite für Frauen eröffnen. Deutschlands Frauen- und Familienministerin Christine Bergmann (SPD) soll vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen sprechen. Die Deutschen wollen ähnlich wie die Vertreterinnen anderer EU-Länder für möglichst konkrete Aufgabenstellungen bei der Verwirklichung der Aktionsplattform eintreten, mit klaren Terminvorgaben, am liebsten bis spätestens 2005.

Doch Beobachter beurteilen die Voraussetzungen derzeit verhalten. Eine Gruppe von acht streng islamischen oder katholischen Ländern - von Algerien, dem Sudan und dem Iran bis zu Nicaragua und Honduras sowie überraschenderweise auch Kuba - hatte etwaige Fortschritte vor Konferenzbeginn erheblich gebremst. Über den vorbereiteten, gut 80 Seiten umfassenden Text der Abschlusserklärung wurde bisher nicht einmal zur Hälfte allgemeine Übereinstimmung erzielt. Blockiert werden vor allem Passagen zu den sexuellen Rechten und der sexuellen Erziehung von Frauen.

Lange vor der Eröffnung der einwöchigen Debatten stand fest: Die wichtigste Zielstellung von Peking - staatliche Garantien für die Rechte der Frauen und die Abschaffung diskriminierender Gesetze in allen Ländern bis zum Jahr 2000 - wurde bei weitem nicht erfüllt. Zwar haben 64 Länder ihre Gesetze zu Gunsten einer Gleichstellung von Frauen geändert, wie eine Erhebung von 1998 zeigt. In anderen Ländern aber scheitern entsprechende Aktionen noch immer an religiösen oder kulturellen Hürden sowie oft auch am Geldmangel.

So lastet die größte Armut der Welt weiterhin zu 70 Prozent auf den Schultern von Frauen. Frauen in Kuwait haben auch heute noch kein Wahlrecht, Aussagen vergewaltigter Frauen bleiben in Pakistan weiterhin ungehört, und der Mord an Mädchen und Frauen, die angeblich die Familienehre befleckt haben, bleibt in vielen islamischen Ländern bis heute ungestraft. dpa