DER STANDARD (A), 6. Juni 2000,

Kommentar

Vierter Mann unter Verdacht

Auslieferungsantrag, wenn sich Mordverdacht gegen Iraner Behbahani erhärtet

Sollte der Iraner Ahmad Behbahani tatsächlich an der Ermordung des kurdischen Exilpolitikers Abdul Ghassemlou 1989 in Wien beteiligt gewesen sein, wird Österreich seine Auslieferung beantragen. Noch wird geprüft, ob Behbahani der "vierte Mann" des Killerkommandos gewesen sein kann. Ein Bericht von Samo Kobenter.

Wien - Am 13. Juli 1989 wurden der Führer der Demokratischen Partei Kurdistans im Iran (DKP-I), Abdul Rahman Ghassemlou, sowie zwei seiner Begleiter von einem dreiköpfigen Killerkommando in einer Wiener Wohnung hingerichtet. Die drei Mörder hatten sich als Emissäre ausgegeben, die Ghassemlou mit dem Versprechen, über eine Autonomie Kurdistans verhandeln zu wollen, in die Falle lockten. Die Iraner bestanden auf Wien als Verhandlungsort, Ghassemlou wollte eher in Paris reden, ließ sich zuletzt aber breitschlagen - mit tödlichen Folgen.

Die Täter flüchteten in die iranische Botschaft, und was danach folgte, kann nicht gerade als Ruhmesblatt österreichischer Innen- und Außenpolitik bezeichnet werden. Denn nach relativ unverblümten Terrordrohungen und der Ankündigung seitens des Irans, die Verwicklung österreichischer Politiker in die Waffengeschäfte mit den Ayatollahs offen zu legen, konnten die drei mutmaßlichen Mörder - zwei hohe Geheimdienstler und ein Leibwächter - unbehelligt ausreisen. FPÖ und Grüne forderten vergeblich einen Untersuchungsausschuss, ÖVP und SPÖ schmetterten ihn ab und nahmen ihre hauptbeteiligten Minister Alois Mock (Außen), Franz Löschnak (Innen) sowie den damaligen Generalsekretär im Außenamt, Thomas Klestil, aus dem Feuer der Kritik. Klestil soll 1989 eine reduzierte Überwachung der iranischen Botschaft angewiesen haben, in welcher die mutmaßlichen Mörder bis zu ihrer Heimreise ausharrten.

"Es gab immer Hinweise auf einen vierten Mann", meint nun der grüne Abgeordnete Peter Pilz. "Die Frage ist nun: Was unternimmt Innenminister Strasser? Gibt es ein Auslieferungsbegehren? Wie verhält es sich mit einem U-Ausschuss? Wird die FPÖ wie damals dafür und die SPÖ dagegen stimmen?" Die Grünen wollen so bald wie möglich einen U-Ausschuss fordern.

Vorsichtige Justiz

Noch könne man von einer Erhärtung des Verdachtes gegen Behbahani nicht ausgehen, bremst ein Sprecher der Staatsanwaltschaft: "Noch ist alles drin. Das kann ein Trittbrettfahrer sein, ein Psychopath oder einer, der im Auftrag von irgendeiner Regierungsstelle eine Fährte legt." Sollte aber mehr an Behbahanis Erzählungen sein, werde alles seinen normalen Gang gehen: "Voruntersuchung, Haftbefehl, Antrag auf Auslieferung". In diesem Fall, so betont auch der Sprecher des Justizministers, Gerhard Litzka, "wird alles in die Wege geleitet, damit ein Strafverfahren durchgeführt werden kann."

Im Innenministerium heißt es, dass der Name Behbahani "in unseren Evidenzen nicht aufscheint". Seine Aussagen werden "jedoch bereits in Kontaktnahme mit ausländischen Diensten überprüft". Sollte sich herausstellen, dass Behbahani auch in die Lockerbie-Affäre verwickelt sei, werde es sehr schwer, ihn in Österreich vor Gericht zu stellen: "Dann wird er an Großbritannien ausgeliefert."

Von der Überprüfung der Aussagen Behbahanis hängt auch die Wirksamkeit der innenpolitischen Schritte ab, die der Grüne Pilz angekündigt hat. Einen alten Verbündeten in seiner Forderung nach einem U-Ausschuss hat er bereits verloren: Die FPÖ will davon, anders als zu Oppositionszeiten, nichts mehr wissen. Er kenne zwar den Fall nicht, könne sich aber nicht vorstellen, dass genug für einen U-Ausschuss vorliege, meinte FP-Klubobmann Peter Westenthaler ganz staatstragend. Dagegen kann sich die SPÖ eine Zustimmung "vorstellen, wenn sich neue Facetten in dem Fall ergeben."