taz 5.6.2000

Schwierige Vermittlung

Türkei: Ayse Düzkan, Journalistin, ist seit 1993 Chefredakteurin der Frauenzeitschrift "Pazartesi"

taz: Welchen Einfluss hatte die Peking-Konferenz auf türkische Frauenorganisationen?

Ayse Düzkan: Einen positiven, weil wir gezwungen waren, uns zu positionieren und uns über Forderungen klar zu werden. Und es war wichtig zu realisieren, dass nicht nur wir türkischen Frauen diese Forderungen aufstellen, sondern auch deutsche und indische. Gleichzeitig wurde uns noch einmal klar, wie verschieden Frauen sind. Frauengruppen in der Türkei hatten Schwierigkeiten, ihre Positionen und Forderungen an Frauen an der Basis weiterzuvermitteln.

Fünf Jahre nach der Peking- Konferenz Bilanz zu ziehen - ist das denn derzeit ein Thema?

Kaum. Darüber wird ganz wenig diskutiert und geschrieben. Wir, das Redaktionsteam von Pazartezi, haben allerdings unser Themenspektrum erweitert. Wir haben in dem Prozess gelernt, dass auch Wirtschafts-, Innen- und Außenpolitik Frauenthemen sind. Wir schreiben jetzt über den Internationalen Währungsfonds, wir schreiben darüber, was Globalisierung für Frauen bedeutet.

Hat die Regierung sich an die Umsetzung der Aktionsplatt- form von Peking gemacht?

Wir hatten einige positive Rechtsreformen in den vergangenen Jahren, aber nicht weil die Regierung die Aktionsplattform umsetzen wollte, sondern weil Frauenorganisationen sie genötigt haben. Wir konnten ein Gesetz ändern, das bisher einen Vergewaltiger straffrei ausgehen ließ, wenn er beweisen konnte, dass die Frau eine Prostituierte ist. Wir konnten einen Paragraphen im Familienrecht abschaffen, der sagte, dass eine Frau nicht ohne Erlaubnis ihres Ehemanns reisen darf. Aber insgesamt sind Veränderungen in der Türkei nur sehr schwer zu erreichen. Im Fall der Peking-Konferenz verweist die Regierung nur zu gern auf nationale Werte und nationale Souveränität und will sich nichts von außen diktieren lassen.

Bei den Peking+5-Verhandlungen hat die türkische Regierung aber offenbar eine progressive Position bezogen, vor allem gegen Ehrenmorde.

Das muss man in unserem innenpolitischen Kontext sehen. Es sind vor allem Kurden, die Frauen umbringen, um ihre Ehre wiederherzustellen. Die türkische Regierung verurteilt alles, was kurdisch ist. Natürlich spricht sie aber nie von der sexuellen Gewalt, die Kurdinnen von türkischen Soldaten und Staatsangestellten angetan wird, obwohl sich sogar der europäische Menschenrechtsausschuss damit beschäftigt hat.