Frankfurter Rundschau, 3.6.2000

Berliner Abschiebehaft "verletzt Menschenrechte"

BERLIN, 2. Juni (epd). Der Berliner Abgeordnete Hartwig Berger (Bündnis 90/Die Grünen) hat die Zustände in den städtischen Abschiebegefängnissen als "Menschenrecht verletzend" verurteilt. Berichte über Misshandlungen seien alltäglich, Hungerstreiks ein "Dauerzustand", sagte er am Freitag in Berlin. Die Zahl derer, die ein Jahr und länger in Abschiebegewahrsam verbrächten, nehme immer weiter zu, so Berger. Nach seinen Angaben befinden sich ständig zwischen 300 und 400 Menschen in Abschiebegewahrsam. 14 von ihnen wehrten sich gegenwärtig mit einem Hungerstreik gegen ihre Lage.

Wie Berger beklagte, stelle sich Berlin als "Abschiebe-Hauptstadt" eine "düstere Visitenkarte" aus. Er forderte den Bundestagsausschuss für Menschenrechte auf, einen Antrag zur Änderung der Institution der Abschiebehaft mit dem Ziel einzubringen, dass ein Gewahrsam nur unmittelbar vor der Abschiebung verhängt werden dürfe. Abschiebehaft richte sich gegen Menschen, die keine Verbrechen begangen hätten. Sie dürfe nur gegen Menschen verhängt werden, die sich bereits zweimal der regulären Abschiebung entzogen haben.