taz 2.6.2000

Halbherziger Widerstand

Die Union kritisiert die Green Card als "Flickschusterei" und fordert ein Gesamtkonzept zur Einwanderungspolitik. Aber für eine Blockade im Bundesrat fehlt ihr der Mut

BERLIN taz Die Green Card kommt. Nach monatelangen Diskussionen hat das Bundeskabinett am Mittwoch Nägel mit Köpfen gemacht: Ab 1. August dürfen die ersten 10.000 ausländischen Computerexperten in Deutschland arbeiten. Was fehlt, ist noch die Zustimmung des Bundesrats. Doch ernsthafte Zweifel gibt es nicht mehr, dass auch die unionsregierten Länder nolens volens mitmachen werden.

"Man muss wohl davon ausgehen, dass die Green Card nicht blockiert wird", ist von der baden-württembergischen Landesregierung zu hören. Und selbst CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach, ein entschiedener Kritiker der Green Card, räumt ein, dass die Blockadefront bröckelt: "Es gibt da unterschiedliche Meinungen in den Ländern."

Offiziell lassen es CDU und CSU offen, wie sie sich am 14. Juli bei der Abstimmung im Bundesrat verhalten werden. CDU-Parteichefin Angela Merkel kritisierte die Green Card als "Flickschusterei" und verlangte ein Gesamtkonzept zur Einwanderungspolitik. Doch viel kann sie nicht tun, um Druck auf die Regierung auszuüben. Kanzler Schröder lehnte es erneut ab, die Green Card mit einer Debatte um ein Einwanderungsgesetz oder mit dem Asylrecht zu verknüpfen: "Das wird es mit mir nicht geben."

Was kann die Union tun? Ein Nein zur Green Card kommt nicht wirklich in Frage, weil sie sich damit den Zorn der gesamten Wirtschaft zuziehen würde. "Zur Lösung des Wachstumsstaus in der deutschen IT-Wirtschaft sollte die Green Card im Bundesrat beschlossen werden", forderte jetzt auch CDU-Internet-Sprecher Thomas Heilmann.

Wahrscheinlich wird die Union lediglich einen "Entschließungsantrag" in den Bundesrat einbringen, in dem sie die Regierung auffordert, ein Gesamtkonzept vorzulegen. Nach Informationen aus den Staatskanzleien von Sachsen, Bayern und Thüringen wird derzeit an einem entsprechenden Antrag gefeilt. "Möglicherweise wird er schon am 9. Juni im Bundesrat eingebracht", so ein Sprecher der saarländischen CDU-Regierung.

Konkrete Bedingungen für eine Zustimmung zur Green Card wird der Antrag kaum enthalten: "Es muss keine Gesetzvorlage sein", gibt sich Wolfgang Bosbach bescheiden. "Was wir fordern, ist ein Zeichen, dass die Regierung bereit ist, über umfassende Lösungen zu reden."

Bei der kleinen Lösung mit der Green Card meldete die Regierung unterdessen erste Erfolge: Bisher gab es 4.700 Anfragen von Computerexperten aus dem Ausland. LUKAS WALLRAFF