Frankfurter Rundschau, 29.5.2000

Protest gegen "mörderische Stille" der Abschiebung

Demonstranten fordern die Abschaffung des umstrittenen Flughafenverfahrens für Asylbewerber

Mehrere hundert Menschen haben am Samstagmittag in der Abflughalle des Rhein-Main-Airport die Abschaffung des Flughafenverfahrens für Asylbewerber verlangt. Die Protestveranstaltung wurde vom regionalen "Aktionbündnis gegen Abschiebungen" angemeldet.

Im Sektor A von Terminal 1 herrschte um 12 Uhr mittags heiloses Gedränge. Durch die langen Reihen der Flugreisenden vor den LH-Schaltern drängten sich Demonstranten, die Transparente hochhielten. "Schily: Menschenrechte nur für Deutsche" wurde dem Innenminister vorgeworfen und "Die mörderische Stille der Abschiebemaschinerie durchbrechen" als Parole ausgegeben. "Deportation Class Stopp" lautete die Aufforderung an die Lufthansa, in ihren Maschinen keine Ausländer mehr abzuschieben. "Wir geben nicht eher Ruhe und werden den Kranich weiterrupfen", kündigte Bündnissprecher Hagen Kopp an. Er sah "doppelten Anlass" zur Trauer.

Im vergangenen Jahr sei der Sudanese Aamir Ageeb beim Abflug von Rhein-Main erstickt. Grenzschützer hätten ihn "gewaltsam zu Tode gebracht". Anfang Mai habe die Algererin Naimah Hadjar nach 238 Tagen "Haft" im Abschiebetrakt des BGS aus Angst vor der drohenden Abschiebung Selbstmord begangen, schilderte Kopp.

Pfarrer Herbert Leuninger (Pro Asyl) nannte Naimah "eine Nachbarin, die hier als freier Mensch, ohne Angst leben wollte". Sie habe "von uns Schutz erwarten dürfen, doch Gesetze und Behörden haben ihr die Hölle bereitet". Leuninger stellte die Frage, "ob das Internierungslager des Bundesgrenzschutzes ein Raum ohne Hoffnung ist?"

Man trauere auch "über ein heruntergekommenes Asylrecht". Während der rot-grünen Regierungszeit "sind am Flughafen mehr Menschen interniert worden, als unter der Vorgängerregierung", rechnete der Mann von Pro Asyl vor. Alleine im vergangenen Jahr seien auf Rhein-Main 265 asylsuchende Menschen länger als 30 Tage eingesperrt worden. "Wir werden weiter für die Abschaffung des Flughafenverfahrens kämpfen", kündigte der Pfarrer vor diesem Hintergrund an.

Das Aktionsbündnis will auf einer Gedenktafel an Naimah Hadjar, Aamir Ageeb und an Kola Bankole, der ebenfalls die Abschiebeprodzedur nicht überlebt hat, erinnern. Man hofft, dass die FAG dafür einen Platz zur Verfügung stellen wird. "Wenn nicht, dann werden wir das zum Politikum machen", erklärte Bündnissprecher Kopp. habe