web de 27.05.2000 13:46

UN-Soldaten sorgen an Grenze zu Israel für Ruhe

Arafat lobt Israels Libanon-Rückzug als Schritt zum Frieden

Merdschajun (AP)

Soldaten der UN-Friedenstruppe in Libanon (UNIFIL) sind am Samstag entlang der Grenze zu Israel aufgezogen, um Auseinandersetzungen am Grenzzaun nach dem israelischen Truppenabzug aus Südlibanon zu verhindern. Am Vortag hatten Dutzende Libanesen an einer Stelle Steine und Brandbomben über den Stacheldrahtzaun auf die israelische Seite geworfen. Der palästinensische Präsident Jassir Arafat begrüßte unterdessen den israelischen Rückzug aus Südlibanon als wichtigen Schritt zum Frieden im Nahen Osten.

UNIFIL-Soldaten sperrten bei Merdschajun das Gelände 25 Meter vor dem Zaun ab. Die Soldaten wurden dabei von rund 100 libanesischen Bewohnern des Grenzgebiets beobachtet. Einer der Zuschauer schleuderte trotz der Sperrung einen Stein über den Zaun. Israelische Soldaten sperrten auf ihrer Seite ebenfalls das Gebiet vor dem Zaun ab. Auch Journalisten durften sich dem Grenzzaun nicht nähern.

In einem Interview des israelischen Fernsehens bescheinigte der palästinensische Präsident Arafat dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak ausdrücklich, um des Friedens willen seine Truppen aus der so genannten Sicherheitszone abgezogen zu haben - nicht etwa, weil die schiitische Miliz Hisbollah ihn dazu gezwungen habe. Arafat stellte sich damit auch gegen weite Teile der palästinensischen Bevölkerung, die das Ende des israelischen Libanon-Engagements als militärischen Sieg der Hisbollah gefeiert hatten.

Politische Beobachter in Jerusalem werteten es als bemerkenswert, dass sich Arafat in der Libanon-Frage so eindeutig hinter Barak gestellt habe. Das am Freitag ausgestrahlte Interview war am Donnerstag aufgezeichnet worden. Arafat bekräftigte darin auch den Anspruch der Palästinenser auf einen eigenen Staat im Gazastreifen und im Westjordanland. Hierüber würden die Verhandlungen mit Israel fortgesetzt. Die Friedensgespräche sind in der letzten Zeit allerdings wieder ins Stocken geraten, nachdem insbesondere über die Freilassung von 1.600 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen keine Einigung erzielt werden konnte.

Hisbollah will Waffen nicht niederlegen

(München) Der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, machte in einem Interview des Nachrichtenmagazins «Focus» deutlich, dass seine Miliz auch nach dem israelischen Rückzug aus Südlibanon die Waffen nicht niederlegen werde. «Da Israel den Staat Libanon immer militärisch bedroht, wird es sich weiterhin verteidigen müssen», sagte Nasrallah in dem am Samstag vorab veröffentlichten Interview. Die Landesverteidigung liege in der Verantwortung der gesamten Bevölkerung. Die libanesische Armee schaffe dies nicht allein. Nasrallah sieht die Hisbollah durch den israelischen Rückzug gestärkt. In diesem Zusammenhang schloss er eine künftige Beteiligung an der libanesischen Regierung nicht aus.