taz Hamburg 26.5.2000

Vom Terminal in den Tod

Aktion am Flughafen: Lufthansa soll Mithilfe bei Abschiebungen ablehnen

Die "Deportation-Class" besteht weiterhin. Mit Flügen der Lufthansa (LH), so das antirassistische Netzwerk "Kein Mensch ist illegal", werden Menschen unter Gewaltanwendung außer Landes gebracht - obwohl der Vorstand der Fluglinie angekündigt hatte, bei Widerstand der Flüchtlinge keine Abschiebungen in LH-Maschinen mehr zu akzeptieren. Um Lufthansa zu veranlassen, gänzlich aus dem Abschiebegeschäft auszusteigen, wird das Netzwerk heute am Hamburger Flughafen eine Gedenktafel enthüllen, die an den vor genau einem Jahr auf dem Flug LH 558 getöteten Aamir Ageeb erinnert. In anderen deutschen Städten soll es zeitgleiche Aktionen geben.

Der Sudanese Ageeb sollte von BeamtInnen des Bundesgrenzschutzes von Frankfurt nach Kairo gebracht werden. Aus Angst vor Repressionen in seinem Herkunftsland setzte er sich gegen die Abschiebung zur Wehr. Drei BeamtInnen fesselten ihn daraufhin an Händen und Füßen, setzten ihm einen Motorradhelm auf und drückten seinen Kopf so lange nach unten, bis Ageeb erstickte.

1994 war der Nigerianer Kola Bankole ebenfalls an Bord einer LH-Maschine zu Tode gekommen. Während in Belgien, der Schweiz und den Niederlanden inzwischen mehrere Fluggesellschaften den zwangsweisen Transport von Flüchtlingen grundsätzlich ablehnen, blieben in Deutschland sogar die Todesfälle ohne Folgen.

Allein vom Hamburger Flughafen wurden voriges Jahr 1609 Menschen abgeschoben, bundesweit waren es um die 40.000 - rund die Hälfte davon mit Lufthansa-Maschinen. Im März startete "Kein Mensch ist illegal" bundesweit eine Kampagne gegen die Beteiligung der Airline am Abschiebegeschäft. Denn die Misshandlung von Menschen im Flugzeug könne nur verhindert werden, wenn der Lufthansa-Vorstand eindeutig erkläre, keine Abschiebungen mehr durchzuführen, und dies in einer Dienstanweisung verbindlich festlege.

Elke Spanner

Gedenktafel-Enthüllung heute um 16 Uhr, Flughafen Terminal 4; weitere Informationen unter www.deportation-alliance.com oder Telefon 0172/8910825