Volksblatt Würzburg, 22.5.2000

Grünes Licht

VON GÜNTER BAUMANN

Im Iran sind die Ampeln für eine reformorientierte Entwicklung nun doch auf "Grün" geschaltet worden. Jedenfalls hat der von konservativen Mullahs beherrschte Wächterrat mit der Bestätigung von 28 in Teheran gewählten Abgeordneten den Weg für die konstituierende Sitzung des Parlaments freigemacht. Das heißt: die Reformer haben nach dem 27. Mai im Parlament demokratischen Regeln entsprechend eine komfortable Zwei-Drittel-Mehrheit.

Allerdings ist das keine Garantie für wirkliche Reformen, wie sie dem gemäßigten Präsidenten Chatami zugeschrieben werden. Denn sobald die konservativen Geistlichen im Wächterrat der in die Jahre gekommenen Revolution den Eindruck gewinnen, dass gegen religiöse Prinzipien verstoßen wurde oder wird, zaubern sie übergewichtiges islamisches Recht hervor und bremsen Reformansätze aus.

So gesehen ist die Zwei-Drittel-Mehrheit der gemäßigten Reformer um Präsident Chatami zunächst einmal keine sichere Bank für Reformen, die im so genannten Gottesstaat mehr laizistische Elemente in der Gesellschaft etablieren sollen.

Hoffnung ist dennoch angezeigt. Denn mit blindwütiger Unterdrückung der Bemühungen um mehr bürgerliche Freiheiten können der Wächterrat und seine Revolutionsgarden nicht mehr so einfach und ungestraft reagieren, wie das noch bis zur letzten Wahl möglich schien. Das Ergebnis spiegelt den Status einer Entwicklung wieder, die mit verblüffender Klarheit bestätigt, dass der religiös motivierte Revolutionsrausch sich überlebt hat.