Frankfurter Rundschau, 15.5.2000

Rau löst Ausländerdebatte aus

Lob für "Berliner Rede" / Union fordert Einwanderungsgesetz

HAMBURG, 14. Mai (dpa/ap). Die "Berliner Rede" von Bundespräsident Johannes Rau hat die Debatte über die Ausländerpolitik angeheizt. Vertreter von CDU und CSU forderten ein Einwanderungsgesetz und ein verschärftes Asylrecht. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, kündigte ein Integrationsgesetz noch für diese Legislaturperiode an. Forderungen nach einem Einwanderungsgesetz zur Begrenzung der Zuwanderung lehnte er ab. Ein Einwanderungsgesetz sei zu komplex, um es noch vor der Bundestagswahl im Jahr 2002 zu verwirklichen, sagte Wiefelspütz.

Zunächst habe die Integration der in Deutschland lebenden Menschen Vorrang. Das Thema Integration könne zu einem Gütesiegel der Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) werden. Hierzu sei eine nationale Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen erforderlich. Das Integrationsprogramm müsse unter anderem die Verpflichtung zum Lernen der deutschen Sprache und die Anerkennung der deutschen Werteordnung beeinhalten, sagte der SPD-Abgeordnete.

Rau hatte sich am Freitag mit Nachdruck für eine klare, an den Interessen Deutschlands ausgerichtete Einwanderungspolitik ausgesprochen. Eine Verknüpfung von Einwanderung und Asyl lehnte das Staatsoberhaupt aber ab.

Eine schnelle gesetzliche Regelung der Zuwanderung nach Deutschland forderte die Ausländerbeauftragte des Berliner Senats, Barbara John. Man müsse Klarheit darüber schaffen, "wen man mit Aussicht auf eine Integration und einen Daueraufenthalt" holen wolle. Dafür müsse man Einwanderungskriterien wie Einsatzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt definieren.

Auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein sagte, es müsse überlegt werden, wen man hereinlassen und dauerhaft integrieren wolle. Man müsse auch eindeutig sagen, "wen wir nicht wollen und wie wir dafür sorgen, dass diese Menschen dann auch nicht hereinkommen". Brandenburgs CDU-Chef und Innenminister Jörg Schönbohm sagte im Info Radio Berlin-Brandenburg, Rau habe einen Beitrag dafür geleistet, dass die Diskussion jetzt offener geführt werde. Dazu gehöre auch die "Frage des Asyl-Missbrauchs". Nach Ansicht der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel entspricht der Ansatz von Rau "in weiten Teilen unserem Integrationskonzept". Dem baden-württembergischen Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) zufolge braucht Deutschland pro Jahr 200 000 Zuwanderer.