taz Hamburg 15.5.2000

Einzige Beschäftigung: Flüchtling

Wohlfahrtsverbände und Initiativen protestieren heute gegen das Arbeitsverbot für junge Menschen auf der Flucht

Von Elke Spanner

Während Computerfachleute mit der Green Card aus dem Ausland nach Deutschland geholt werden, ist jungen Flüchtlingen hier selbst das Austragen von Zeitungen verboten. Der damalige Bundearbeitsminister Norbert Blüm (CDU) hat am 15. Mai 1997 ein Arbeitsverbot für alle Flüchtlinge verhängt, die nach diesem Stichtag in die BRD gekommen sind. Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und der Bundesfachverband für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge fordern jetzt, auch ausländischen Jugendlichen eine berufliche Perspektive zu eröffnen und das Arbeitsverbot aufzuheben. Bundesweit werden sie heute mit Aktionen auf den Missstand hinweisen - und auch in Hamburg vor dem hiesigen Arbeitsamt symbolisch Green Cards an Flüchtlingskinder verteilen.

Die haben faktisch keine Chance, in Hamburg eine Ausbildung zu machen. Selbst Berufsvorbereitungsmaßnahmen des Arbeitsamtes wie "Jump 2000" sind jungen Flüchtlingen versperrt. Denn sie erhalten grundsätzlich keine Arbeitserlaubnis. Auch für diejenigen, die schon vor dem Stichtag in Deutschland lebten, ist die Chance auf eine Lehre kaum größer als eine Gewinnchance beim Lottospiel: Denn der Ausbilder muss nachweisen, dass für den Job zunächst kein Deutscher oder EU-Jugendlicher zur Verfügung steht. Schon der damit verbundene Verwaltungsaufwand schreckt viele Ausbilder davor ab, Flüchtlingsjugendliche auch nur zum Vorstellungsgespräch zu bitten. Zudem bekommen diese nur eine Duldung, die auf maximal sechs Monate befristet ist.

Das Bundesarbeitsministerium argumentiert damit, dass Jobs und Lehren rar sind und damit zunächst die einheimische Bevölkerung versorgt werden soll. Der "Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge" weist hingegen darauf hin, dass Einwanderer niemanden aus dem Arbeitsmarkt verdrängen, sondern in der Regel ohnehin in Bereichen arbeiten, um die sich keine Deutschen reißen. Darauf hatte vorigen Herbst auch der damalige Innenminister von Schleswig-Holstein, Ekkehard Wienholtz (SPD), hingewiesen und sich bei Bundesarbeitsminister Walter Riester für die Aufhebung des Arbeitsverbotes eingesetzt. Eine Forderung, der sich auch die Ausländerbeauftragte des Senats, Ursula Neumann, gestern anschloss: "Wir sollten das Potenzial der hier lebenden Flüchtlinge gesellschafts- und arbeitsmarktpolitisch nutzen", sagt sie.

Aktionen vor dem Arbeitsamt heute zwischen 10 und 15 Uhr