Frankfurter Rundschau, 12.5.2000

Henkel verteidigt das Asylrecht

BDI-Chef: Green Cards nicht gegen Flüchtlinge aufrechnen

Von Hilmar Höhn

BERLIN, 11. Mai. Industrie-Präsident Hans-Olaf Henkel hat sich dagegen ausgesprochen, Computer-Experten gegen Flüchtlinge aufzurechnen. In einem Interview der Frankfurter Rundschau stellte sich der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hinter das bestehende Grundrecht auf Asyl. "Was die Aufnahme politisch Verfolgter betrifft, so haben wir sehr gute Gesetze", sagte er. In der Diskussion um ein Einwanderungsgesetz hatten in den vergangenen Wochen Spitzenpolitiker der CDU/CSU gefordert, im Tausch gegen ein Einwanderungsgesetz das Asylrecht zu beschneiden. Wegen eines Einwanderungsgesetzes "brauchen wir daran nicht rütteln", sagte Henkel. "Wenn wir aber über Einwanderung reden, die über das Grundrecht auf Asyl hinausgeht, dürfen wir uns nicht der Frage verschließen, welche Qualifikationen diese Einwanderer haben sollen", sagte Henkel.

Er lobte weiter, dass Deutschland im Jugoslawien-Konflikt mehr Flüchtlinge als alle anderen europäischen Länder aufgenommen habe. "Darauf können wir stolz sein", sagte der BDI-Chef. Im Umgang mit Flüchtlingen aus Kosovo sprach sich Henkel dafür aus, dass es denjenigen Kosovo-Albanern möglich sein müsse, in Deutschland zu bleiben, die "über hier zu Lande gefragte Qualifikationen" verfügten.

Die Einführung der Green Card für Computer-Experten aus Ländern außerhalb der Europäischen Union begrüßte Henkel. Dies sei aber nur "ein Zwischenschritt", da auch in anderen Branchen ein Mangel an Fachkräften herrsche. Er habe es aber vorgezogen, die Diskussion nicht durch immer neue Forderungen an die Regierung in die Länge zu ziehen.

Henkel ist aber nicht sicher, ob Deutschland mittelfristig ein Einwanderungsgesetz brauche. Durch die Ost-Erweiterung der EU wachse der Arbeitsmarkt "um ein Vielfaches". Grundsätzlich aber müssten die Bedingungen dafür geschaffen werden, dass "wieder mehr Experten und Studenten aus dem Ausland" nach Deutschland kommen.

Deserteure erhalten Schutz

vgo BERLIN. Flüchtlinge aus Jugoslawien, die während des Kosovo-Kriegs desertiert sind oder den Kriegsdienst verweigert haben, sollen in Deutschland das so genannte "kleine Asyl" erhalten. Das hat das Bundesinnenministerium von Otto Schily (SPD) nach Informationen der FR bestimmt. Durch die Regelung werden 140 Deserteure und 220 Wehrdienstverweigerer geschützt, die nach der offiziellen Verhängung des Kriegszustands im März 1999 nach Deutschland geflüchtet waren.