web.de, 08.05.2000 15:11

Iranisches Innenministerium weist Berichte über Wahlbetrug zurück

Wächterrat erwartet keine Annullierung des Wahlergebnisses in Teheran

Teheran (AP)

Das iranische Innenministerium hat am Montag Berichte über Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl im Februar zurückgewiesen, bei der die Reformer um Präsident Mohammed Chatami zum ersten Mal seit 1979 die Mehrheit errungen hatten. Es stellte sich damit gegen den von Hardlinern dominierten Wächterrat, der am Sonntag von Wahlbetrug sprach. Bei der erneuten Auszählung von 88 Prozent der Stimmzettel hatte der Wächterrat nach eigenen Angaben in über zehn Prozent Abweichungen entdeckt. In einer Stellungnahme, die am Montag in mehreren Tageszeitungen abgedruckt wurde, wies das Innenministerium diese Einschätzung zurück.

Die Parlamentswahlen wurden von Wächterrat und Innenministerium beaufsichtigt. Ayatollah Gholam-Resa, der im Wächterrat für die Wahlkontrolle zuständig ist, sagte am Montag der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA, dass er keine Annullierung des Wahlergebnisses in Teheran erwarte. Dort hatten die Reformer 29 der 30 Sitze errungen und den konservativen Klerikern eine empfindliche Niederlage zugefügt. Zuvor hatte der Wächterrat zwölf Siege der Reformer außerhalb Teherans für ungültig erklärt und zwei Sitze an konservative Kandidaten vergeben.

In einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung des Wächterrates hieß es, 1.022 Stimmen für einen Kandidaten seien nicht gezählt und einem anderen seien 977 mehr gegeben worden, als er tatsächlich erhalten habe. «Indem wir mit der Neuauszählung fortfahren, finden wir mehr und mehr Diskrepanzen», teilte das über die Gültigkeit der Wahl entscheidende Gremium mit.

«Die Erklärungen des Wächterrates sind widersprüchlich, weil dessen eigene Inspektoren die Wahlen, die Stimmenauszählung und die Kontrollzählung überwacht haben», kritisierte am Montag Ebrahim Jasdi, dessen Freiheitsbewegung die Reformer um Chatami unterstützt. Der Wächterrat kontrolliert in Iran auch die Justiz und das Militär. In den vergangenen Wochen schloss die Justiz 16 reformorientierte Zeitungen und ließ liberale Aktivisten festnehmen.