Neue Zürcher Zeitung (CH), 06.05.2000

Foltervorwürfe gegen die türkische Polizei

Bericht einer Parlamentskommission

Ankara, 5. Mai. (Reuters) Laut einem Bericht der Menschenrechtskommission des türkischen Parlaments ist Folter bei der türkischen Polizei eine gängige Praxis. Polizisten verprügelten Verdächtige, quälten sie mit Hochdruckreinigern und versetzten ihnen Elektroschocks, heisst es in dem Bericht. Die Kommissionsmitglieder haben nach eigenen Angaben nächtliche Stichproben in fünf zufällig ausgewählten Polizeiposten in Istanbul vorgenommen. In dem Bericht, der auf Erkenntnissen der Kommission und Berichten von Verdächtigen und Häftlingen basiert, heisst es, die kontrollierten Polizeireviere seien extrem schmutzig und furchteinflössend gewesen. Die Häftlinge hätten sich ausziehen müssen, seien mit verbundenen Augen an den Armen aufgehängt und geschlagen worden. Die Parlamentskommission kritisierte, ihre Untersuchungen seien wiederholt von Polizisten behindert worden. Staatsanwälte und Gouverneure müssten für die Vorgänge auf den Polizeirevieren zur Rechenschaft gezogen werden, forderten die Abgeordneten. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International werden in der Türkei Menschenrechtsverstösse von Polizisten nur selten strafrechtlich geahndet.