Neue Zürcher Zeitung, 05.05.2000

Todesurteil gegen Kuwaits Quisling

Keine Milde für irakische Kollaborateure

vk. Limassol, 4. Mai

Ein Strafgerichtshof in Kuwait hat mit der Bestätigung des Todesurteils gegen den Quisling der Iraker während der Besetzung des Emirats von 1990 unterstrichen, dass auch zehn Jahre später kein Raum für Neigungen zu dem irakischen Diktator Saddam Hussein besteht. Das Gericht bekräftigte am Mittwoch das Verdikt von 1993 im Abwesenheitsverfahren gegen Ala Hussein, den Regierungschef von Saddams Gnaden, wegen Hochverrats und Kollaboration mit dem Feind. Hussein, der für die ersten Tage nach der irakischen Invasion vom August 1990 als «Ministerpräsident» eingesetzt worden war, kam vor dreieinhalb Monaten aus freien Stücken nach Kuwait zurück und stellte sich der Justiz in der Hoffnung auf Milde. Hussein verteidigte sich vor Gericht mit dem in der Geschichte hundertfach erprobten Argument, er sei unter massivem Druck gestanden und hätte im Falle der Verweigerung der Befehle der Besetzer mit dem Tod rechnen müssen.

Berater Saddam Husseins
Die Richter befanden freilich, sie hätten reichlich Hinweise für die freiwillige Kollaboration Husseins gefunden und müssten ihn für seinen Verrat und das Verlangen nach Verschmelzung Kuwaits mit dem Irak bestrafen. Im Urteil des Gerichts zeichnete sich Hussein im Kontrast zu seinen Kollegen in der Übergangsregierung, alle ebenfalls kuwaitische Offiziere, durch zuvorkommenden Gehorsam aus. Acht seiner Kollegen sagten als Zeugen gegen ihn aus.

Ala Hussein händigte als einziger den Irakern seine kuwaitischen Identitätspapiere aus und liess sich dafür einen irakischen Pass ausstellen, der ihn als Berater des Präsidenten Saddam Hussein auswies. Kraft dieser Stellung habe er eine Dienstwohnung in einem Präsidentenpalais und reichlichen Sold erhalten, weiter erlangte er in Bagdad eine persönliche Waffe, ein Landgut und Bewegungsfreiheit im Irak, schliesslich auch ausserhalb. Ala Husseins Übergangsregierung wurde schon nach wenigen Tagen durch einen irakischen Gouverneur ersetzt und ihre Mitglieder nach Bagdad abgezogen. Der Angeklagte machte geltend, er sei von hohen irakischen Offizieren wie Ali Hassan al-Majid, dem späteren Gouverneur des annektierten Emirats, zum Dienst gezwungen worden. Hussein und seine Gefährten waren bei Beginn der Invasion von den Irakern gefangengenommen und dann als Marionetten aufgestellt worden.

Al-Majids Ruchlosigkeit ist spätestens seit dem von ihm verordneten Einsatz von Chemiewaffen gegen irakische Kurden aktenkundig. Der Anwalt der Verteidigung beklagte sich über prominente Exiliraker wie den früheren Chef des Militärgeheimdienstes, Samarrai, die als Zeugen vernommen werden sollten. Der Gerichtsvorsitzende hatte sich eigens dafür nach London begeben, doch verweigerten die Iraker eine Aussage, weil sie in der kuwaitischen Botschaft stattfinden sollte. Die Verteidigung setzt auf ein Berufungsverfahren unter Mithilfe von Entlastungszeugen und auf ein milderes Urteil.