web de 05.05.2000 03:22


Eskalation im israelisch-libanesischen Konflikt

Israelis beschießen Kraftwerk bei Beirut nach Hisbollah- Angriff in Nordisrael - Ein Toter und 27 Verletzte in Kirjat Schmoneh

Beirut/Kirjat Schmoneh (AP)

Zwei Monate vor dem geplanten israelischen Truppenabzug aus Südlibanon ist es zu einer dramatischen Eskalation im Konflikt der beiden Nachbarländer gekommen. Die israelische Luftwaffe beschoss am frühen Freitagmorgen zwei Kraftwerke bei Beirut und Tripoli sowie mehrere Ziele im Bekaa-Tal mit Raketen, nachdem Stunden zuvor libanesische Freischärler einen ihrer schwersten Raketenangriffe auf Nordisrael unternommen hatten. Dabei wurden in der Grenzstadt Kirjat Schmoneh ein Soldat getötet sowie ein weiterer und 26 Zivilisten verwundet. Die Untergrundorganisation Hisbollah bekannte sich zu den Angriffen.

In der libanesischen Hauptstadt waren zuerst drei Explosionen von Raketeneinschlägen in dem Bsaleem-Kraftwerk im Norden Beiruts zu hören. Rund 15 Minuten später gab es zwei weitere Explosionen. In weiten Teilen der Stadt und ihrer nördlichen Vororte fiel danach der Strom aus. Israelische Kampfflugzeuge durchbrachen danach über der libanesischen Hauptstadt noch mehrmals die Schallmauer. Später bestätigten die israelischen Streitkräfte die Angriffe.

Bei den vorangegangenen Guerillaangriffen auf Kirjat Schmoneh handelte es sich offenbar um eine Vergeltungsaktion für den Tod von drei Guerillakämpfern und zwei Dorfbewohnerinnen im Süden Libanons nach israelischen Angriffen. Nach dem Angriff besuchte am Abend der israelische Ministerpräsident Ehud Barak das Grenzgebiet und traf sich danach mit dem Sicherheitskabinett zu einer Lagebesprechung. Dabei wurden offenbar die Luftangriffe beschlossen.

Bei dem Raketenbeschuss von Kirjat Schmoneh handelt es sich um die schwersten Angriffe auf den Norden Israels seit fast einem Jahr. Wie es hieß, schlugen Dutzende Katjuscha-Raketen ein. Zahlreiche Autos und Häuser wurden beschädigt. Brände brachen aus; aus den Straßen von Kirjat Schmoneh stieg schwarzer Rauch auf. Zehntausende Bewohner suchten Zuflucht in unterirdischen Schutzbunkern.

Es war zunächst nicht bekannt, ob die neuerlichen Angriffe Einfluss auf die israelischen Rückzugspläne aus Südlibanon haben. Die Vorbereitungen für den Abzug sind bereits im Gange. Bis zum 7. Juli will Israel alle 1.500 Soldaten aus der so genannten Sicherheitszone abziehen. Die Vereinten Nationen erwägen nach einem Abzug Israels eine Verstärkung ihrer Friedenstruppe in Libanon.