web de 01.05.2000 16:11

Sezer verfehlt erneut notwendige Mehrheit im Parlament

Dritter Wahlgang zur Bestimmung des neuen türkischen Staatspräsidenten nötig

Ankara (AP)

Das türkische Parlament hat sich auch im zweiten Wahlgang nicht auf die Nachfolge von Staatspräsident Süleyman Demirel verständigen können. Der Kandidat der Regierungskoalition, Ahmet Necdet Sezer, verfehlte am Montag wie schon im ersten Wahlgang die notwendige Mehrheit von zwei Dritteln der Abgeordnetenstimmen. Der 58 Jahre alte Sezer erhielt 314 Stimmen; für die Wahl wären mindestens 367 Stimmen notwendig gewesen. Damit wird ein dritter Wahlgang am Freitag nötig, wobei dann die einfache Mehrheit von 276 Stimmen ausreicht.

Sezers stärkster Rivale Yildirim Abkbulut landete mit 88 Stimmen weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Der Vorsitzende der rechtsliberalen Mutterlandspartei (AnaP), Mesut Yilmaz, sagte vor der Abstimmung: «Wenn Sezer nicht in der zweiten Runde gewinnt, wird er mit Sicherheit in der dritten Runde gewinnen.» In der vergangenen Woche hatten die Vorsitzenden aller Parteien im Parlament dem Kandidaten der Regierungskoalition von Ministerpräsident Bülent Ecevit ihre Unterstützung zugesichert. Im ersten Wahlgang am Donnerstag erhielt Sezer 281 Stimmen. Unmittelbar vor Beginn der zweiten Wahlrunde zogen drei Bewerber ihre Kandidatur zurück. Damit blieben sieben Kandidaten übrig.

Demirel scheidet am 16. Mai aus dem Amt, bis dahin muss ein Nachfolger bestimmt sein. Ecevit scheiterte im vergangenen Monat mit dem Versuch einer Verfassungsänderung, um Demirel eine zweite Amtszeit zu ermöglichen. Sezer gilt als ein Politiker, von dem entscheidende Impulse für demokratische Reformen in der Türkei ausgehen könnten. Der Vorsitzende Richter des Verfassungsgerichts hat zu einer Reform der unter Kontrolle der Streitkräfte nach dem Militärputsch von 1980 eingesetzten Verfassung aufgerufen.