HANDELSBLATT, 29.4.2000

CSU für Verschärfung des Asylrechts

DGB-Chef Schulte tritt für Einwanderungsgesetz ein

Reuters BERLIN. DGB-Vorsitzender Dieter Schulte und IG-Metall-Chef Klaus Zwickel haben sich am Freitag der Forderung nach einem Einwanderungsgesetz angeschlossen. Nach Schultes Worten muss in diesem Zusammenhang auch über die Asylregelung gesprochen werden, ohne das bestehende Gesetz grundlegend zu verändern. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel forderte eine Verschärfung des geltenden Asylrechts. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) und Forschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) wandten sich gegen eine Ausweitung der befristeten Arbeitserlaubnis für Computer-Experten auf andere Branchen.

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sagte, es sei seine "feste Überzeugung", dass Deutschland ein Einwanderungsgesetz brauche. Binnen zehn Jahren sei ein Facharbeitermangel in Deutschland abzusehen. Die Parteien müssten sich "nun dazu durchringen, die Frage der Einwanderung zu klären", sagte Schulte. Vielleicht müsse man in diesem Zusammenhang nochmal über die "Gründe reden, die zur Asylgewährung führen". Das solle jedoch nicht heißen, dass das Asylrecht grundsätzlich geändert werden müsse.

Rückendeckung erhielt Schulte vom Vorsitzenden der größten Einzelgewerkschaft im DGB, IG Metall-Chef Zwickel. "Wir werden über kurz oder lang nicht umhin können, klare Einwanderungsbedingungen zu definieren und Regeln gesetzlich zu formulieren", sagte er in einem vorab veröffentlichten Gespräch mit der Tageszeitung "Die Welt" (Samstagausgabe). Wichtigstes Kriterium müsse dabei der Bedarf im Lande sein. Das Gesetz müsse aber mehr sein als eine Schleuse zum Ausgleich nationaler Versäumnisse auf dem Arbeitsmarkt.

Ein Einwanderungsgesetz wird auch von den großen Arbeitgeberverbänden gefordert. Die Gewerkschaften hatten dem bislang skeptisch gegenüber gestanden, weil sie Nachteile für deutsche Arbeitnehmer befürchteten. Die Diskussion darüber war aufgekommen, nachdem Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vorgeschlagen hatte, eine so genannte Green-Card für Experten aus der Informationstechnologie einzuführen und so den dort bestehenden Fachkräftemangel auszugleichen. Die positiven Prognosen für den Arbeitsmarkt hatten die Debatte neu entfacht. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit könnte sich die Zahl der Arbeitslosen bis 2010 halbieren und damit auch ein genereller Facharbeitermangel einhergehen.

CSU-Generalsekretär Goppel sagte in einem Reuters-Interview, Ziel müsse sein, den Zuzug zu begrenzen und nicht durch die Green-Card-Regelung zusätzliche Ausländer ins Land zu holen. Deutschland brauche eine praxisnahe und europäisch ausgerichtete Regelung für die Aufnahme von Asylbewerbern. Entscheidend in der Diskussion sei zudem, dass die Ausbildung Vorrang vor der Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften habe, sagte Goppel. "Es geht nicht darum, mit Schnellschüssen wie der Green Card der Einwanderung jeden Tag ein anderes Tor zu öffnen. Stattdessen ist es Aufgabe der Politik, die Einwanderung zu steuern und zu begrenzen."

Wirtschaftsminister Müller sagte, der Bund könne nicht der Reparaturbetrieb des "Kurzfrist-Denkens" der Wirtschaft sein. So habe beispielsweise die Maschinenbauindustrie vor einigen Jahren viele Arbeitskräfte entlassen und die Ausbildung von Ingenieuren zurückgefahren. Ein generelles Einwanderungsgesetz lehnte Müller zum jetzigen Zeitpunkt ab. Seine Kabinettskollegin Bulmahn betonte, die Probleme der Wirtschaft müssten mit vermehrter Ausbildung in Deutschland gelöst werden. Beide appellierten an die Wirtschaft, ihren Nachwuchs nicht nur im Ausland zu suchen.