web.de, 28.04.2000 15:32

Schily lässt neuen Helm für Ausländerabschiebungen prüfen - Abendmeldung

Lufthansa bleibt bei Transportverweigerung bei Abschiebungen gegen den Widerstand der Betroffenen

Berlin/Hamburg (AP)

Bundesinnenminister Otto Schily lässt einen neuen Helm für die Abschiebung extrem aggressiver Asylbewerber testen, der vor allem die begleitenden BGS-Beamten vor Bissen schützen soll. Eine entsprechende Meldung des Hamburger Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» wurde am Freitag in Berlin von Schilys Sprecher Rainer Lingenthal bestätigt. Die Lufthansa reagierte mit dem Hinweis, dass sie Abschiebungen gegen den Widerstand der Betroffenen grundsätzlich ablehne und deren Beförderung seit Juni 1999 verweigere.

Nach dem Tod des Sudanesen Aamir Ageeb, der vor elf Monaten in einer Lufthansa-Maschine in Frankfurt unter einem handelsüblichen Integralhelm erstickt war, hatte Schily den Einsatz von Helmen untersagt und die Dienstvorschriften entsprechend geändert. Laut «Spiegel» verfügt der im Test befindliche Helm über einen weit nach vorn gezogenen Beißschutz, der auch in Stresssituationen freies Atmen gewährleisten soll. Zwei medizinische Gutachten kämen zu einem positiven Ergebnis, zwei polizeiärztliche Gutachten stünden noch aus.

Auch Lingenthal wies darauf hin, dass die Prüfung noch nicht abgeschlossen sei. Sicher sei, dass es keinen Einsatz von Helmen bei Abschiebungen mehr geben werde, wenn eine Gefährdung der Betroffenen nicht ausgeschlossen werden könne.

Wie das Magazin weiter berichtet, ist zusätzlich zum neuen Helm auch der Einsatz eines amerikanischen Fesselungssystems vorgesehen, das die Arme widerspenstiger Abschiebekandidaten seitlich an einem Hüftgürtel fixiert. Mediziner hatten kritisiert, dass die Fesselung der Hände auf dem Rücken die Ausdehnung der Lunge behindere und bei starker Erregung des Betroffenen die Gefahr des Erstickungstodes vergrößere.

Lufthansasprecher Klaus Walther verwies darauf, dass trotz gesetzlicher Beförderungsverpflichtung Passagiere vom Flug ausgeschlossen werden können, wenn zu befürchten ist, dass sie Sicherheit und Ordnung an Bord gefährden oder wenn sie eine unzumutbare Belastung für die anderen Passagiere darstellen. Auf Grund der Erfahrungen in jüngerer Zeit prüfe Lufthansa die Prognosen der Behörden über die Gewaltbereitschaft der Abzuschiebenden sehr kritisch. Im Zweifel werde der Transport verweigert. Bislang sei das in mehr als 200 Fällen geschehen.