DER STANDARD (A) Sa./So./Mo., 29./30. April/ 1. Mai 2000

Ministerium sucht einen "neuen Anfang"

Mehr Betreuung für Schubhäftlinge

STANDARD-Mitarbeiter Robert Schlesinger

Die Betreuung von Schubhäftlingen durch nichtstaatliche Organisationen (NGOs) wird "wesentlich ausgebaut": Dies kündigt Peter Widerman, im Innenministerium für alle fremdenpolizeilichen Angelegenheiten zuständig, im Gespräch mit dem STANDARD an.

Das Ministerium suche, sagt Widermann, die "Partnerschaft" mit den beteiligten NGOs um Zwang und Gewalt bei Abschiebungen zu vermindern: "Wir wollen, wenn es schon notwendig ist, menschenwürdige Abschiebungen." Wer nach dem Urteil der Betreuer große Angst vor der Rückkehr ins Heimatland habe, dessen Akt solle noch einmal auf Herz und Nieren geprüft werden, ob es nicht doch Gründe für einen Refoulement-Schutz (sprich: ein Abschiebungsverbot) gebe.

Mehr Rechtsbeistand

Die neuen Verträge mit den NGOs sind ausgehandelt: Fortan sollen die Schubhaftbetreuer die Häftlinge ausdrücklich über ihre rechtlichen Möglichkkeiten aufklären und ihnen auch zu einem Rechtsbeistand verhelfen. Hauptaufgabe bleibe die soziale und psychologische Betreuung, aber spricht Widermann von "einem ganz neuen Ansatz, einem neuen Anfang".

In der Tat: Vor knapp einem Jahr ging der damalige Sektionschef Manfred Matzka auf Konfrontationskurs mit den NGOs. Er untersagte jede rechtliche Beratung und dachte sogar laut darüber nach, die Schubhaftbetreuung in der Steiermark mit hauseigenem Personal zu organisieren.

Damals war der Nigerianer Marcus Omofuma wenige Tagen tot, gestorben am 1. Mai 1999 unter den Händen österreichischer Beamter, die ihn per Flugzeug abschieben sollten. Inzwischen ist Matzka nicht mehr im Innenministerium tätig, und man hat dort Lehren gezogen: außer verbesserter Schubhaftbetreung vor allem die Bildung eines eigenen Stabes für die Durchführung von Abschiebungen.

Die Beamten sind psychologisch, medizinisch und juristisch in einem 14-tägigen Lehrgang ausgebildet, erhalten Nachschulungen und Supervision. Über jede Abschiebung schreiben sie einen Bericht, der evaluiert wird.

Michael Genner von "Asyl in Not" begrüßt die Reform. Skeptisch bleibt er trotzdem: "Österreich bedient den Eisernen Vorhang der festung Europa." Manche Schubhaftbetreuer, etwa in Oberösterreich, würden Häftlinge nur auf eine möglichst "professionelle" Abschiebung vorbereiten - als "psychologische Vorhangwärter".