HANDELSBLATT 29.4.2000

Mit Habaschs Rücktritt endet eine Ära palästinensischer Politik

ap DAMASKUS. Mit dem Rücktritt von Georges Habasch endet eine Ära des palästinensischen Kampfes gegen den jüdischen Staat. Der 73-Jährige wurde in dem palästinensischen Ort Lydda geboren, der heute Lod heißt und in unmittelbarer Nähe des Ben-Gurion-Flughafens liegt. 1948 erlebte er nach der arabischen Niederlage im ersten Krieg mit Israel das Trauma der Vertreibung nach Libanon. In Beirut studierte er Medizin und praktizierte als Arzt, bevor er nach dem erneuten Trauma der totalen Niederlage im Sechstagekrieg von 1967 die kommunistische Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) gründete.

Die PFLP strebte die Zerstörung des jüdischen Staates mit allen - auch terroristischen - Mitteln an und profilierte sich bald als extremistische Guerillaorganisation. Die Vernichtung Israels war damals Ziel der gesamten, von Jassir Arafat geführten Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Die Streichung des entsprechenden Artikels aus der PLO-Charta gehörte zu den Vereinbarungen des Osloer Friedensprozesses in den 90er Jahren, der von Habasch und seiner unter syrischem Schutz stehenden PFLP abgelehnt wurde. Erst im vergangenen Jahr traf sich sein wichtigster Berater und vermutliche Nachfolger Abu Ali Mustafa mit Arafat in Kairo, um eine Rolle der PFLP bei den Verhandlungen über eine endgültige Friedenslösung mit Israel zu sondieren.

Habasch und Arafat verfolgten zwar dasselbe Ziel, die Zerstörung Israels, waren aber innerhalb der PLO erbitterte Rivalen. 1983 beteiligte er sich an einer von Syrien unterstützten Rebellion innerhalb der PLO gegen Arafat. 1987 kehrte er mit der PFLP aber wieder unter das Dach der PLO zurück.

Von den Aktionen der PFLP prägte sich vor allem die Entführung drei westlicher Passagierflugzeuge im Jahre 1970 ein. Die Maschinen der Fluggesellschaften Swissair, BOAC und TWA wurden in der jordanischen Wüste gesprengt, nachdem die Passagiere zum Aussteigen gezwungen worden waren.

Die PFLP war auch an den folgenden Kämpfen mit jordanischen Soldaten beteiligt, dem so genannten Schwarzen September, die zur Ausweisung tausender palästinensischer Freischärler aus Jordanien führten. Vorausgegangen war am 1. September 1970 ein Attentatsversuch auf König Hussein. Der Bürgerkrieg in Jordanien zwischen königstreuen Truppen und den palästinensischen Fedajin tobte vom 17. bis zum 29. September.

Wegen seiner extremistische Haltung wurde Habasch vom israelischen Geheimdienst zu einem der meistgesuchten Terroristen erklärt. 1973 zwangen israelische Kampfflugzeuge ein libanesisches Verkehrsflugzeug zur Landung in Tel Aviv. Israel vermutete Habasch in der Maschine. Der hatte seine Reisepläne jedoch in letzter Minute geändert.

Habasch erklärte am Donnerstag auf einer PFLP-Versammlung in Damaskus, er werde auch nach seinem Rücktritt in der Organisation aktiv bleiben. Wie der PFLP-Funktionär Abu Achmad Fuad mitteilte, will der 73-Jährige ein Zentrum für die Untersuchung des "arabisch-zionistischen Kampfes" errichten und in der PFLP für die Verwirklichung der Ziele des palästinensischen Volkes mitarbeiten.

Fraglich bleibt, ob die PFLP in der palästinensischen Politik wieder mehr Gewicht gewinnen kann. Denn im syrischen Exil steht sie auch im politischen Abseits: Die palästinensische Politik wird in den Autonomiegebieten gemacht.