Freie Presse 29.4.2000

Grund für Verschiebung des Panzergeschäfts unklar

Berlin: Aufschub war "ureigenste Entscheidung" der Türkei Die Bundesregierung hat einen türkischen Zeitungsbericht dementiert, wonach die Türkei ihr umstrittenes Panzergeschäft mit Rücksicht auf die innenpolitische Diskussion in Deutschland verschoben haben soll. Die Verschiebung sei die "ureigenste Entscheidung der Türkei", sagte am Freitag eine Regierungssprecherin in Berlin. Sie verwies auf eine Erklärung des türkischen Generalstabs vom Montag, wonach Ankara das Projekt mit einem Volumen von umgerechnet 14 Milliarden Mark verschiebt und erst kommendes Jahr endgültig über den Kauf der 1000 Kampfpanzer entscheidet.

Nach türkischen Presseberichten fiel der Beschluss, nachdem das türkische Militär über die Wirtschaftslage informiert wurde. Die Türkei durchlebt derzeit eine Wirtschaftskrise; im vergangenen Jahr schrumpfte die Wirtschaft um mehr als sechs Prozent.

Die englischsprachige "Turkish Daily News" berichtete, Berlin habe die türkische Regierung darum gebeten, die Entscheidung im Panzergeschäft nicht wie geplant im Juli bekanntzugeben, sondern erst später. Das türkische Außenministerium habe darauf dem Rüstungsbeschaffungsamt in Ankara zu einer Verschiebung geraten. Der Zeitung zufolge begründete Deutschland seine Bitte an Ankara um eine Verschiebung mit dem Hinweis, es werde Zeit benötigt, um den Widerstand der Grünen gegen einen Transfer von Rüstungstechnologie an Ankara "aufzuweichen".

Der bisher anvisierte Termin im November ist den Berichten zufolge um mindestens vier Monate auf das Jahr 2001 verlegt worden. In diplomatischen Kreisen der Türkei wurde dies am Freitag bestätigt. Der bisherige Zeitplan sah vor, dass sich die türkische Seite im Juli für einen der vier angebotenen Panzer entscheidet. Bis November sollten die anschließenden Verhandlungen über den Bau der Panzer abgeschlossen werden. An der Ausschreibung für das Panzergeschäft beteiligt sich unter anderem die deutsche Firma Krauss-Maffei-Wegmann mit dem Panzer Leopard-2. Ein Leopard-2 sowie Panzer aus den USA, Frankreich und der Ukraine werden derzeit von der türkischen Armee getestet.

(AFP)