Neue Zürcher Zeitung (CH) 27.04.2000

Datum für den zweiten Wahlgang in Iran

Teheran, 26. April. (dpa) Das Teheraner Radio hat am Mittwoch bekanntgegeben, dass der zweite Wahlgang zur Bestellung des iranischen Parlaments am 5. Mai stattfinden soll. Der Wächterrat habe dem vom Innenministerium festgesetzten Datum zugestimmt. Im ersten Wahlgang im Februar hatten die Präsident Khatami nahestehenden Reformkräfte landesweit einen überwältigenden Sieg errungen. 65 Sitze blieben noch unbesetzt, weil in einigen Wahlbezirken die erforderliche 25-Prozent-Hürde von keinem der Kandidaten erreicht worden war. Wegen der zweimaligen Verschiebung des zweiten Wahlgangs hatten Reformpolitiker befürchtet, die Konservativen wollten die für den 27. Mai geplante Konstituierung des neuen Parlaments torpedieren. Der Wächterrat müsse nun klären, wie mit den Wahlergebnissen für die 30 Mandate der Hauptstadt Teheran verfahren werde, hiess es im Radio. Nach Einschätzung des Rates gab es dort bei der Abstimmung im Februar Unregelmässigkeiten. Am Dienstag hatte das von der konservativen Geistlichkeit beherrschte Kontrollorgan das Ergebnis mehrerer Wahlkreise von Teheran für ungültig erklärt, in denen Kandidaten des Reformflügels gewonnen hatten. Nach Presseberichten sollen die Ergebnisse in der Hauptstadt aber nicht grundsätzlich annulliert werden.

Der Bruder Khatamis verwarnt

(Reuters) Laut einem Bericht des staatlichen iranischen Radios hat am Mittwoch ein Teheraner Richter den Bruder des Präsidenten, Mohammed Reza Khatami, wegen Inhalten und Aufmachung der von ihm herausgegebenen Zeitung «Musharakat« verwarnt. Falls er nicht auf die Verwarnung reagiere, werde das Gericht die nötigen Schritte einleiten. Anfang der Woche hatte das Gericht zunächst 14 Reformblätter verboten, eines jedoch kurz darauf wieder zugelassen. Das Gericht beanstande das neue Layout der Zeitung und die zahlreichen Sonderausgaben, mit denen die Zeitung die von den geschlossenen Blättern hinterlassene Lücke schliessen wollte, hiess es im staatlichen Radio. «Musharakat» und «Sobh-e Emrouz» sind die letzten noch erscheinenden Tageszeitungen der Reformbewegung. Beide haben nach Angaben aus Medienkreisen in den letzten Tagen ihre Auflagen auf insgesamt zwei Millionen Exemplare täglich erhöht.