Vorarlber online (A) 26.4.2000

Genozid Gedenken

Die in Österreich lebenden Armenier gedenken des Völkermordes im Ersten Weltkrieg.

Die in Österreich lebenden Armenier gedenken in diesen Tagen wie ihre Landsleute in aller Welt des Beginns des Völkermordes an den Armeniern in der Türkei vor 85 Jahren. Der armenisch-apostolische Erzbischof Mesrob Krikorian zelebrierte am Montag in der Kirche St. Hripsime in Wien-Landstraße einen Gedenkgottesdienst, wie Kathpress meldete. Die armenische Studentenvereinigung veranstaltet am Dienstag aus Anlass des Gedenktages eine Blutspendeaktion auf dem Stephansplatz.

Die Grünen haben im Nationalrat den Antrag gestellt, dass die österreichische Volksvertretung in einer Erklärung den gewaltsamen Tod von rund 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs als Genozid einstuft. Eine derartige Erklärung hatte 1998 die französische Nationalversammlung verabschiedet und damit heftige Proteste der Türkei hervorgerufen. Der verstorbene österreichische Staats- und Völkerrechtler Felix Ermacora, ÖVP-Nationalratsabgeordneter und Präsident der UNO-Menschenrechtskommission, war einer der Vorkämpfer für die internationale Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern.

Viele Zeithistorikeriker verweisen darauf, dass der vom jungtürkischen Regime mit Innenminister Talaat Pascha und Kriegsminister Enver Pascha als Hauptverantwortlichen bürokratisch geplante - und mit Wissen der Verbündeten Deutschland und Österreich-Ungarn durchgeführte - Völkermord an den Armeniern "Vorbildwirkung" für die deutschen Nationalsozialisten hatte. Mehrere Aussprüche Adolf Hitlers in diesem Zusammenhang sind aktenkundig.

Am 24. April 1915 wurden in einer nächtlichen Polizeiaktion in Konstantinopel (Istanbul) alle einflussreichen armenischen Intellektuellen, Politiker, Geistlichen, Ärzte, Juristen usw. verhaftet, deportiert und getötet. Auf der Grundlage eines "provisorischen Gesetzes über die Verschickung verdächtiger Personen" wurde daraufhin aus Hunderten von Städten und Dörfern Anatoliens die armenische Bevölkerung deportiert, in Konzentrationslager gesteckt oder in die syrische Wüste getrieben.

Am Freitag wird in der Nationalbibliothek in Wien ein von Erzbischof Krikorian verfasstes Buch über Franz Werfel (1891-1945) präsentiert. Der österreichische Schriftsteller hatte mit seinem Werk "Die vierzig Tage des Musa Dagh" die armenische Tragödie während des Ersten Weltkriegs literarisch festgehalten. Auf dem Wiener Zentralfriedhof wurde 1995 ein Gedenkstein für die Opfer des Armenier-Genozids errichtet.