Aachener Nachrichten 21.04.2000 18:22

Wanderkirchenasyl: Behörden bleiben hart

Kurden-Familie droht die Abschiebung

Aachen/Herzogenrath (an-o). Vor neun Jahren floh die kurdische Familie Kus, weil sie verfolgt wurde, aus der Türkei nach Deutschland. Da ihre Asylanträge nicht anerkannt wurden, vertraute sie sich vor zwei Jahren dem Aachener Kirchenwanderasyl an. Jetzt soll die Familie abgeschoben werden.

Die nunmehr neunköpfige Familie Kus kam nach Deutschland, nachdem Vater Tevfik und Mutter Fatma vom türkischen Militär gefoltert worden waren, die schwangere Fatma Kus so stark, dass sie eine Fehlgeburt erlitt. Zuständig für die Kus' ist das Ausländeramt des Kreises Kleve, weil Kleve der erste Aufenthaltsort für die Familie war. Seit zwei Jahren aber lebt die kurdische Familie in Herzogenrath, im leerstehenden Pfarrheim der katholischen Pfarrgemeinde Straß.

Völlig integriert

Betreut wird die Familie von der evangelischen Flüchtlingsberatung Herzogenrath. Die Familie ist völlig integriert, die Kinder besuchen örtliche Schulen, dem Vater lag ein Arbeitsangebot vor. (während ihres Aufenthaltes in Herzogenrath bezog die Familie weder Sozialhilfe noch war sie krankenversichert, notwendige Ausgaben wurden durch Spenden bestritten).

Im Januar stellte die Flüchtlingsberatung beim Ausländeramt Kleve einen Antrag "zur Überprüfung auf Ausstellung einer Aufenthaltsbefugnis für Familie Kus", weil die Verwantwortlichen des Kirchenwanderasyls davon ausgingen, dass die Familie unter die so genannte Altfallregelung fällt. Die besagt, dass diejenigen Familien, die vor dem 1. Juli 1993 in die Bundesrepublik eingereist sind und einen Asylantrag stellten, unter bestimmten Voraussetzungen bleiben dürfen.

Lapidare Antwort

Am 23. März antwortete das Ausländeramt Kleve schriftlich. Lapidar und in einem Satz erklärte es, dass die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nicht in Betracht komme, "da solche Anträge aus der Illegalität heraus aufgrund fehlender Zuständigkeit nicht bearbeitet werden können".

Eduard Großkämper, Pressesprecher des Kreises Kleve, gegenüber den "Nachrichten": "Wir haben keine ladungsfähige Adresse der Familie. Deshalb können wir einen solchen Antrag auch nicht bearbeiten." Was den Kreis Kleve aber nicht störte, durch sein Gesundheitsamt die Familie nach Kleve zu zitieren, um die "Reisefähigkeit" ärztlich feststellen zu lassen.

Großkämper hatte keine Erklärung dafür, warum die Familie nicht im Aachener Gesundheitsamt auf ihre Reisefähigkeit untersucht werden konnte. Zuvor hatte Karl Schumacher, Leiter des Fachbereichs Öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Kreisverwaltung Kleve, noch im Kasernenhofton mitgeteilt, dass das Amt "keine Notwendigkeit sieht, überhaupt Stellung zu beziehen".

Für den Verbleib

Die katholischen Regionaldekane Hans-Georg Schornstein (Aachen-Stadt), Andreas Maritz (Aachen-Land) und der Superintendent für den evangelischen Kirchenkreis Aachen, Hans-Peter Bruckhoff, haben sich in einem Schreiben an den Kreis Kleve für den Verbleib der Familie Kus in Deutschland verwandt. Auch soll sich jetzt der evangelische Landeskirchenrat Jörn Gutheil einschalten. Der Petitionsausschuss des Landtages ist ebenfalls mit dem Fall beschäftigt.

Georg Dünnwald