Gießener Anzeiger 20.04.2000

Denktasch bleibt Präsident

Nordzyperns Herausforderer zog Kandidatur zurück - Stichwahl entfällt - Sieger will sich bevorstehenden Zypern-Gesprächen widmen

NIKOSIA (AP). Einen Tag nach dem Rückzug des einzigen Gegenkandidaten hat die Wahlkommission am Donnerstag das Oberhaupt der international nicht anerkannten "Türkischen Republik Nordzypern", Rauf Denktasch, für eine zweite Amtszeit als Präsident bestätigt. Eine ursprünglich für den kommenden Samstag vorgesehene Stichwahl wurde durch den überraschenden Rückzug von Denktaschs Herausforderer, Ministerpräsident Derwisch Eroglu, hinfällig. Denktasch wird voraussichtlich am Montag vereidigt.

Der Sieg Denktaschs erfolgte gut einen Monat vor Beginn neuer Gespräche mit der griechischen Republik Zypern über die Zukunft der geteilten Insel. Unmittelbar nach der Nachricht vom Rückzug Eroglus am Mittwoch stellte sich Denktasch im Park seines Amtssitzes im Nordteil Nikosias seinen Anhängern und erklärte, er werde sich nun sofort voll auf die Gespräche konzentrieren, die unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen am 23. Mai in New York beginnen sollen. "Mit der Stärke, die ihr mir gegeben habt, werde ich mit mehr Macht, Entschlossenheit und Stolz nach New York gehen", sagte Denktasch.

Bei der Wahl am Samstag hatte Denktasch 44 Prozent und Eroglu 30 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten. Die restlichen 26 Prozent entfielen auf drei linke Bewerber. Weil jedoch keiner der Kandidaten die erforderliche absolute Mehrheit erhalten hat, hätte nach dem Gesetz am kommenden Samstag eine Stichwahl zwischen Denktasch und Eroglu stattfinden müssen. Beobachter hatten Eroglu ohnehin nur minimale Außenseiterchancen eingeräumt.

Denktasch hatte in den letzten Tagen seine alte Forderung nach einer Anerkennung seines Separatstaates wiederholt und verlangt, dass die Türkei ihren Status als Garantiemacht für die Sicherheit der türkischen Volksgruppe auf der Mittelmeerinsel behält. Beides wird von den griechischen Zyprern abgelehnt. Expräsident Georgios Vassiliou, der für die Republik die Beitragsverhandlungen mit der EU leitet, sagte am Mittwoch in Athen, die zyprische Regierung gehe ohne große Hoffnungen nach New York. Es müsse schon "ein Wunder" geschehen, wenn es zu einem Durchbruch kommen sollte.

Zypern ist seit der türkischen Invasion vom Juli 1974 geteilt. Die Türkei unterhält im nördlichen Teil eine Streitmacht von 35.000 Mann.