Express online 19.4.2000

Das Interview mit Laurenz Meyer

Asylrecht muss erhalten bleiben

Herr Meyer, Experten gehen davon aus, dass Deutschland über kurz oder lang ein Einwanderungsgesetz braucht. Wie beurteilen Sie das?

Meyer: Ich glaube, dass dies richtig ist. Deutschland braucht mittelfristig ein Einwanderungsgesetz.

Warum?

Meyer: Zur Zeit erfolgt Zuwanderung nach Deutschland fast ausschließlich über das Asylverfahren. Doch 97 Prozent dieser Zuwanderer sind Wirtschaftsasylanten, die den Staat belasten. Lediglich drei Prozent werden wirklich als Verfolgte anerkannt. Daraus ergeben sich meiner Meinung nach zwei Schlussfolgerungen: Zum einen brauchen wir wie andere EU-Nachbarn, die nun wahrlich nicht als inhuman gelten, eine strengere Linie beim Asyl. Außerdem müssen wir einen gesetzlichen Rahmen schaffen, um Ausländer aufnehmen zu können, die zu unserem Wirtschaftswachstum und der Bereicherung unserer Gesellschaft beitragen.

Wollen Sie das Asylrecht abschaffen?

Meyer: Nein, auf keinen Fall. Wir bleiben ein offenes Land. Wer verfolgt wird, dem muss weiterhin in Deutschland Schutz und Zuflucht gewährt werden. Wir können bei der Zuwanderung aber nicht noch weiter auf das draufsatteln, was wir schon jetzt verkraften müssen. Deshalb sollten wir uns vor allem auf die Ausländer konzentrieren, die helfen, unser Land nach vorne zu bringen.

Gehen Sie damit nicht auf Konfrontation zu ihrem Spitzenkandidaten Rüttgers, der bereits die geplante Green Card-Aktion von Kanzler Schröder für ausländische Computerexperten massiv bekämpft?

Meyer: Nein. Das ist kein Gegensatz zu dem, was wir zur Zeit diskutieren. Kanzler Schröder will mit seinem Schnellschuss aus der Hüfte doch nur den Druck aus dem Kessel lassen, der sich im Bereich Bildung und Arbeitslosigkeit aufgestaut hat. Da werden wir nicht mitspielen. Wir wollen den Druck aufrechterhalten, damit sich insbesondere in der Schulbildung und am Arbeitsmarkt endlich was bewegt.

Bieten Sie der SPD Gespräche über das neue Gesetz an?

Meyer: Ich erwarte nicht, dass man sich in nächster Zeit auf die angestrebte gemeinsame europäische Asyllösung verständigen wird. Deshalb sollten wir uns unabhängig von einer EU-Regelung in Deutschland um Kompromisslösungen zwischen den beiden großen Parteien bemühen. Zum Beispiel müssen wir uns rechtzeitig darauf einstellen, wenn ab 2005 die Zahl der jungen Menschen, die in die Ausbildung kommen, deutlich zurückgeht.

Mit Laurenz Meyer sprach Thomas Breustedt