Frankfurter Rundschau 19.4.2000

Kämpfe überschatten Rückzugs-Ankündigung

Israel will Südlibanon bis Juli räumen / Beirut triumphiert / Raketen auf Nordisrael gefeuert

Einen Tag nach der offiziellen Ankündigung Israels, seine Truppen bis Anfang Juli aus Südlibanon zurückzuziehen, ist es erneut zu Gefechten in dem Gebiet gekommen. Nach einer zunächst skeptischen Reaktion begrüßte die libanesische Regierung den geplanten Rückzug.

BEIRUT, 18. April (ap/afp). Bei einem Gefecht zwischen libanesischen Guerillakämpfern und der israelischen Armee am Dienstag wurde ein syrischer Arbeiter getötet. Fünf weitere Personen wurden verletzt. Bei den Kämpfen am frühen Dienstag griffen Kämpfer der islamistischen Miliz Hisbollah zunächst einen israelischen Posten in der besetzten so genannten Sicherheitszone an und verwundeten dabei einen israelischen Soldaten. Beim Vergeltungsschlag der israelischen Artillerie wurde nach Angaben libanesischer Sicherheitskräfte dann ein Haus getroffen, in dem sich syrische Arbeiter aufhielten. Einer wurde getötet, drei wurden verletzt. Auch ein libanesischer Bauer, der am Rande eines nahe gelegenen Dorfes arbeitete, wurde nach Angaben der Behörden von dem Artillerie-Feuer getroffen und verletzt. Zwei Granaten hätten in einem weiteren Dorf drei Häuser beschädigt. Außerdem hätten israelische Kampfflugzeuge bis zu zehn Raketen auf die Ausgänge mehrerer Gebirgstäler geschossen, um mögliche Guerillaangriffe von dort zu verhindern. Ein Sprecher der israelischen Armee bestätigte den Einsatz der Flugzeuge. Er meldete zudem, Nordisrael sei mit Raketen beschossen worden. Dabei sei niemand verletzt worden.

Israel hatte am Montag die Vereinten Nationen offiziell in Kenntnis gesetzt, dass es seine Truppen bis zum 7. Juli aus Libanon abziehen und damit entsprechende UN-Resolutionen von 1978 erfüllen will. Alle israelische Soldaten würden auf eine international anerkannte Grenze zurückgezogen, erklärte der israelische UN-Botschafter Jehuda Lankri.

Die libanesische Regierung begrüßte die Entscheidung am Dienstag. Ministerpräsident Salim Hoss nannte den Rückzug einen Sieg für den libanesischen Widerstand. "Zum ersten Mal in der Geschichte des arabisch-israelischen Konflikts ist Israel zum Rückzug aus einem arabischen Gebiet gezwungen", sagte er. "Es ist eine vernichtende Niederlage für Israel." Mehrere Nahost-Staaten hatten zuvor Israels geplanten Rückzug ohne ein Friedensabkommen kritisiert. Auch die libanesische Regierung hatte wiederholt ein umfassendes Abkommen gefordert.

Die israelische Regierung will zwei ohne Anklage inhaftierte Libanesen weiter festhalten. Sie beantragte bei einem Bezirksgericht die Verlängerung der Haftstrafen für die beiden prominenten Häftlinge, den schiitischen Moslemführer Scheich Abdel Karim Obeid und den Führer der Amal-Miliz, Mustafa Dirani. Die Freilassung von 13 weiteren Häftlingen hatte der Oberste Gerichtshof angeordnet.