Stuttgarter Zeitung, 12.4.2000

Asyl in der Christuskirche

Schutz vor Abschiebung für syrische Mutter und vier Kinder

BADSCHUSSENRIED/TÜBINGEN(agk/lsw). Seit Januar lebt die syrische Christin Najah Abdullahad mit ihren vier Kindern im evangelischen Gemeindezentrum Christuskirche in Bad Schussenried, um der Abschiebung nach Damaskus und drohender Verfolgung zu entgehen. Erst jetzt wenden sich Pfarrer Horst Oberkampf und der Unterstützerkreis an die Öffentlichkeit. Denn der Petitionsausschuss des Landtags hat die Petition der Familie letzte Woche abgelehnt.

Seitdem bekommt die Familie ¸¸offizielles Kirchenasyl''. Denn für Overkampf und seine Freunde ist die Ablehnung nicht nachvollziehbar. Najah Abdullahad, deren Mann ermordet wurde, lebt seit neun Jahren in Bad Schussenried. Ihre 22 Jahre alte Tochter wurde im Dezember abgeschoben, obwohl sie einen Arbeitsplatz und einen deutschen Freund hat, den sie inzwischen in Syrien geheiratet hat. Pfarrer Oberkampf fürchtet jetzt, dass die Familie auseinander gerissen wird. Viele syrische Verwandte leben in Deutschland und haben die deutsche Staatsangehörigkeit.

Im Kirchenasyl mit der Mutter leben derzeit vier Kinder der Familie zwischen 13 und 19 Jahren, der älteste Sohn ist behindert. Das war auch der Grund, warum die Mutter in Deutschland keine Arbeit aufnehmen konnte, ganz abgesehen von der jeweils begrenzten Duldungsfrist. Jetzt habe sie aber einen Arbeitsplatz in Aussicht, berichtet der Pfarrer. Oberkampf kann nicht nachvollziehen, dass die Familie nicht unter die bundesweit gültige Härtefallregelung fällt, die für alle Asylbewerber gilt, die seit dem Juli 1993 im Land waren. Offenbar mache man der Frau in Baden-Württemberg den fehlenden Nachweis eines Arbeitsplatzes im November 1999 zum Vorwurf.

In Tübingen bereiten derzeit sechs Gemeinden - vier evangelische und zwei katholische - ein Kirchenasyl vor, um drei kurdische Familien mit 15 Personen vor der drohenden Abschiebung zu schützen. Eine Tübinger ¸¸Erklärung zum Schutz kurdischer Flüchtlinge in unseren Kirchengemeinden'' ist von etwa 50 Kirchengemeinderäten unterzeichnet worden. Falls das laufende Asylfolgeverfahren für die Betroffenen negativ ausgeht, stünden fünf Kirchenräume bereit. In Schussenried hoffen die Unterstützer auf ein klärendes Gespräch zwischen dem Landesbischof und Ministerpräsident Erwin Teufel.