Basler Zeitung (CH) 13.4.2000

Jiang Zemin in Israel

Peking/Tel Aviv. Mit den üblichen Fanfarenklängen feierte die chinesische Parteipresse gestern den Aufbruch von Staats- und Parteichef Jiang Zemin zu Staatsbesuchen in Israel, der Türkei, Griechenland, Südafrika und Palästina. Schon auf der ersten Station ist dem Besucher das Wohlwollen der Gastgeber sicher. In den acht Jahren seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Israel hat sich das bilaterale Verhältnis hervorragend entwickelt. Die israelische Botschafterin in Peking sprach vor Zemins Abreise von einem «sehr wichtigen Ereignis» für Israel.

Chinas Presse kündigte gestern die Unterzeichnung zweier Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Kulturaustausch an. Sie pries den Anstieg des bilateralen Handels auf 600 Millionen Dollar im letzten Jahr und fand lobende Worte für die Zusammenarbeit in den Bereichen Technologie, Landwirtschaft, Luftfahrt und Telekommunikation. Die umfangreiche militärische Zusammenarbeit spielte dagegen in den offiziellen Medien keine Rolle. Sie hatte bereits vor rund 30 Jahren begonnen und hat sich inzwischen massiv ausgeweitet. Aufgedeckt worden sind die Rüstungsgeschäfte allerdings erst bei den 1989 auf dem Tienanmen-Platz gegen chinesische Studenten eingesetzten Panzern. «Die militärische Zusammenarbeit macht hunderte Millionen Dollar aus und hat ein solches Ausmass erreicht, dass China mittlerweile zu einer wesentlichen Einkommensquelle für Israels Waffenproduzenten geworden ist», sagte Gerald Steinberg von der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv. Dabei geht es vor allem um die Modernisierung von Panzern aus den Arsenalen der früheren Sowjetunion und um die Lieferung von luftgestützten Frühwarnsystemen (Awacs). Das erste Spionageflugzeug, eine umgerüstete Iljuschin-76, soll in Kürze an China ausgeliefert werden und kostet 250 Millionen Dollar. Ob die Volksbefreiungsarmee allerdings wie beabsichtigt weitere Maschinen dieser Art bekommt, ist zweifelhaft. Die USA, das Ursprungsland der Awacs-Technologie, befürchten nämlich, dass sie eines Tages gegen taiwanesische und eigene Waffen eingesetzt werden könnten und üben deshalb Druck auf Israel aus, die Verträge zu annullieren. Die USA wussten von Anfang an, nämlich von 1996 an, vom israelisch-chinesischen Deal. Die israelische Elektronik unterscheidet sich auch kaum von derjenigen, die Grossbritannien ohne amerikanische Einwände an China vergeblich zu verkaufen versucht hatte. Doch gegenüber Israel übten die USA nun massiven Druck aus. Wie Israels Ministerpräsident Ehud Barak, der wenige Stunden nach Rückkehr von seiner Begegnung mit US-Präsident Clinton (vgl. nebenstehenden Artikel) auf Zemin treffen wird, aus dem Dilemma herauskommt, bleibt abzuwarten. Die Waffenverkäufe an China sind nämlich nicht nur wichtiger Wirtschaftsfaktor, Israel möchte China mit seinen guten Beziehungen zu den Arabern politisch nicht verprellen. Zum anderen ist Tel Aviv aber auf die enge militärische und finanzielle Unterstützung der USA angewiesen. Otto Mann, Charles Landsmann