HANDELSBLATT, Dienstag, 11.04. 2000

Weg für Gespräche über EU-Mitgliedschaft geebnet

EU und Türkei vereinbaren engere Zusammenarbeit

ap LUXEMBURG. Die Außenminister der Europäischen Union haben am Dienstag den Weg für Gespräche über eine künftige EU-Mitgliedschaft der Türkei geebnet und eine engere Zusammenarbeit auf politischer und wirtschaftlicher Ebene vereinbart. Der türkische Außenminister Ismail Cem sagte nach dem Besuch des EU-Außenministertreffens in Luxemburg, dass die Bildung von acht Arbeitsgruppen beschlossen wurde. Diese sollen die Fortschritte der Türkei bei der Umsetzung von EU-Standards beobachten. "Das ist ein bedeutender Tag für die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei", sagte der portugiesische Außenminister Jaime Gama.

Ein baldiger Beginn der Beitrittsverhandlungen wird allerdings nicht erwartet. Der für die EU-Erweiterung zuständige deutsche Kommissar Günter Verheugen sagte, die derzeitigen Gespräche stellten eine Vorverhandlungsphase dar. Die von der Türkei eingeleiteten oder angekündigten Reformen könnten diesen Prozess aber beschleunigen, sagte Verheugen. Auch Menschenrechtsfragen spielten bei den Gesprächen am Dienstag eine Rolle. Die EU fordert von der Türkei die Abschaffung der Todesstrafe als Vorbedingung für eine Mitgliedschaft. "Wir haben sie in den letzten 16 Jahren nicht angewandt", sagte Cem zu diesem Thema. Eine Abschaffung sei in der derzeitigen Situation aber noch verfrüht.

Verheugen forderte die Türkei und Griechenland zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen auf. In der zwischen beiden Ländern strittigen Zypernfrage gibt nach den Worten des griechischen Außenministers Georgios Papandreou einige Fortschritte. Zypern ist ebenfalls ein Beitrittskandidat der Europäischen Union.

Die EU sagte der Türkei am Dienstag außerdem Unterstützung in Höhe von 15 Mill. Euro (rund 29,3 Mill. DM) für wirtschaftliche und politische Reformen zu. Für den Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben im August vergangenen Jahres gewährte die EU ein Darlehen von 600 Mill. Euro (rund 1,17 Mrd. DM).