Bonner, Kölnische Rundschau 10.4.2000

Gastkommentar

Reform des Sicherheitsrats - ein Hindernis ist weg

Von H.-J. Westkamp

In die Diskussion um eine Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen kommt endlich wieder Bewegung. Der amerikanische UN-Botschafter Richard Holbrooke hat erklärt, die USA seien jetzt doch bereit, auch mehr als 21 ständige Sicherheitsratssitze zu akzeptieren.

Damit ist eines der wichtigsten Hindernisse für eine grundlegende Reform aus dem Weg geräumt. Das ist wichtig, denn die UN dürfen in der nach dem Ende des Kalten Krieges radikal veränderten Weltordnung nicht an Bedeutung verlieren.

Im Kosovo, im Irak, in den leider immer noch zu zahlreichen Regionalkonflikten unserer Welt hat sich gezeigt, dass die Vereinten Nationen, mit über 190 Mitgliedsländern quasi der Marktplatz der Welt, heute wichtiger sind denn je. Damit sie ihre Rolle erfüllen können, muss mit dem Sicherheitsrat gerade der Träger des Gewaltmonopols auf eine breitere Basis gestellt werden.

In seiner heutigen Zusammensetzung spiegelt dieser Sicherheitsrat nicht die gegenwärtige Weltordnung, sondern die Situation nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wider. Dabei geht es auch um deutsche Interessen. Wir sind der drittgrößte Beitragszahler der Vereinten Nationen, sind in allen Sonderorganisationen aktiv dabei, haben uns zweimal auch als nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat bewährt.

Die fünf ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien wollen uns als Ständiges Mitglied im Sicherheitsrat dabei haben, und auch die Mehrzahl der übrigen Staaten der Weltvölkergemeinschaft, gerade auch aus der Dritten Welt, ist der Meinung, Deutschland gehört in den Sicherheitsrat. Ich bin sicher, dass wir die notwendige Zweit-Drittel-Mehrheit haben.

Bislang ist die Reform vor allem daran gescheitert, dass sich die Kontinente Afrika, Asien und Lateinamerika nicht auf ihre jeweiligen Vertreter in einem erweiterten Sicherheitsrat einigen konnten. In Lateinamerika haben Brasilien, Argentinien und Mexiko Ansprüche angemeldet, in Afrika, Ägypten, Südafrika und Nigeria, das gerade in jüngster Zeit auf einem erfreulichen Demokratisierungskurs ist.

Aus Asien müssten sicher Japan, aber auch die weltweite größte Demokratie Indien diskutiert werden, auch wenn Indien mit seinen Atomversuchen sicher nicht die beste Werbung für seine Ambitionen betrieben hat. Mit einer vor allem von den USA vertretenen Begrenzung auf 21 Mitglieder ließen sich all diese Ansprüche nicht unter einen Hut bringen. Das Hindernis jedenfalls scheint endlich aus dem Weg geräumt.

Deshalb muss jetzt wieder Schwung in die Reformdiskussion gebracht werden. Diese darf nicht auf den Sicherheitsrat begrenzt werden, sondern muss sich auf die ganzen UN beziehen. Die alte Bundesregierung hatte sich für eine Reform des Sicherheitsrates und für einen ständigen deutschen Sitz mit Nachdruck eingesetzt. Ich selbst bin dafür oft gescholten worden. Zu Unrecht, wie ich meine.

Umfragen haben im übrigen immer eine deutliche Zustimmung für einen deutschen Sicherheitsratssitz ergeben. Die neue Regierung Schröder/Fischer hat sich gleich nach Amtsantritt zwar in lauwarmen Worten zu diesen Zielen bekannt, aber gleichzeitig verkündet, dies sei ein "Projekt ohne Priorität". Außenminister Fischer hat auch in dieser Frage seine Meinung geändert. Gott sein Dank! Aber was kam zur UN-Reform bislang aus Berlin? Still ruht der See!

Jetzt ist die Tür wieder offen, und Deutschland muss sich in der Diskussion zu Wort melden. Nicht mit falscher Eile und falschem Druck, sondern ruhig, besonnen, mit eigenen Vorstellungen und Konzeptionen, aber auch mit einer eindeutigen Vertretung der deutschen Interessen.

Ich war und bleibe der Meinung: Deutschland wird dabei sein, wenn es zu einer Sicherheitsratserweiterung kommt. Dies wird automatisch und zwangsläufig auf uns zukommen.