DER STANDARD (A), 10. April 2000, Seite 10

Ausweisung von Kind wurde zurückgezogen

Leopoldsdorf - Onur Altay ist eineinhalb Jahre alt. Er ist Türke. Seine Eltern leben seit den Siebzigerjahren in Österreich, sie genießen ein unbefristetes Aufenthaltsrecht.

Trotzdem schrieb im vergangenen Herbst die Bezirkshauptmannschaft (BH) Wien-Umgebung an "Herrn Onur Altay", sie beabsichtige, ihn wegen illegalen Aufenthaltes auszuweisen. Das Problem des Kindes: Es wurde in der Türkei geboren und kam erst im Alter von einigen Wochen nach Leopoldsdorf bei Wien. Damit auf ein Neugeborenes die Niederlassungsbewilligung der Mutter übertragen werden kann, muss die Geburt aber innerhalb der österreichischen Grenzen statt-finden: Sonst heißt es für das Baby, im Ausland einen Einwanderungsantrag stellen und dort abwarten, bis ein Quotenplatz frei ist.

Allerdings ließ die angekündigte Ausweisung auf sich warten. Schließlich fragte DER STANDARD beim zuständigen Abteilungsleiter der BH an - und löste eine prompte Reaktion aus: Bereits am nächsten Tag überprüfte die Gendarmerie die Wohnverhältnisse der Familie. Denn eine "ortsübliche Unterkunft" ist Voraussetzung für eine Niederlassungsbewilligung, die Onur nun bekommen soll. Von einer Ausweisung ist keine Rede mehr: "Das wäre ja", spielt der Abteilungsleiter auf das Menschenrecht auf Familienleben an, "sogar rechtswidrig." (schles)