Kölner Express 08.04.2000

Regierung gibt Verstöße zu

Rau trifft Menschenrechtler in Türkei

Bundespräsident Rau und seine Gattin befinden sich, wärend des dreitägigen Staatsbesuchs in Ankara, in der Deutschen Schule.

Ankara (dpa) - Bundespräsident Johannes Rau ist am Freitag in Ankara mit Vertretern von Menschenrechtsgruppen zusammengetroffen. Das Gespräch kam auf Wunsch Raus zu Stande, der zu einem dreitägigen Staatsbesuch in die Türkei gereist ist. Der Türkei werden immer wieder Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Rau sagte, es sei ein ruhiges, gutes und diszipliniertes Gespräch gewesen. Er sei erfreut, dass es positive Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte gebe. Es gebe aber noch zusätzlichen Bedarf bei der Aus- und Fortbildung der Polizei und Justiz.

Aus dem Gespräch mit den Menschenrechtlern habe er viele Anregungen bekommen, die er an die zuständigen Stellen weitergeben wolle, sagte der Bundespräsident. Ferner bat er um eine Dokumentation, die er dem Bundestag weiterreichen wolle.

Bei einem Gespräch mit Rau räumte Ministerpräsident Bülent Ecevit am Donnerstagabend ein, dass es in seinem Land "natürlich" Menschenrechtsverletzungen gebe, wie aus Delegationskreisen zu hören war. Rau sagte, er habe in den Gesprächen mit Ecevit und auch Staatspräsident Süleyman Demirel den Fall des Menschenrechtlers Akin Birdal in angemessener Weise angesprochen. Kurz vor dem Staatsbesuch war Birdal wieder ins Gefängnis gekommen. Ursprünglich wollte Rau auch mit ihm zusammentreffen.

Ecevit verwies auf die Unabhängigkeit der Justiz. Er betonte jedoch, dass es in der Türkei ein Problem mit der Anwendung von Gesetzen gebe. Hier müsse man etwas tun. Bei dem Treffen brachte die deutsche Delegation auch den Fall der Ärzte aus Izmir vor. Die Ärzte, die Folteropfer behandelten, wurden selbst Opfer von Folter und sollen in der kommenden Woche angeklagt werden.

Von sich aus kam Ecevit auf den Fall der kurdischen Abgeordneten Leyla Zana zu sprechen, den er bedauerte. 1994 wurde die kurdische Abgeordnete verhaftet und in einem anschließenden Hochverratsprozess zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Zana war 1995 mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet worden.