Stuttgarter Nachrichten, 7.4.2000

KOMMENTAR

Unbehagen

VON MICHAEL ISENBERG

Das Verwaltungsgericht hat es sich nicht leicht gemacht. In der Tat ist die gewaltsame Besetzung des griechischen Generalkonsulats eine ¸¸böse Sache''- ungeachtet der dramatischen Lage, die sich durch die Entführung und Festnahme des Kurdenführers Öcalan durch den türkischen Geheimdienst für die PKK-Anhänger ergeben hatte. Wer Straftaten begeht, muss sich vor Gericht verantworten. Das ist geschehen.

Bei der Abschiebung, über deren Rechtmäßigkeit die Verwaltungsrichter nun zu befinden hatten, zählen andere Kriterien. Hier gilt es, den Schutz, den das Gesetz dem anerkannten politischen Flüchtling aus gutem Grund bietet, gegen die Folgen seines Bleibens in Deutschland und die seiner Abschiebung abzuwägen. Auch das ist geschehen.

Wenn aber das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium den Strafverfolgungsbehörden und dem Amtsgericht unterstellen, möglicherweise zu Gunsten eines raschen Urteils auf Aufklärung der Tathintergründe verzichtet zu haben, schießen beide übers Ziel hinaus. An einer anderen Stelle wäre das ¸¸Unbehagen'' angebracht: Was bringt die Verfügung einer Abschiebung überhaupt, wenn doch absehbar ist, dass diese vor Gericht keinen Bestand haben wird?