Ostsee-Zeitung, 6.4.2000

Ein deutscher Pass für die Kinder

Großes Interesse bei jungen Leuten an neuem Einbürgerungsrecht

7, 3 Millionen Ausländer leben in Deutschland. Davon ist die Hälfte bereits seit zehn Jahren hier oder sogar in der Bundesrepublik aufgewachsen. Das neue Einbürgerungsrecht gibt ihnen mehr Rechte.

München (AP) Seit drei Monaten ist das neue Einbürgerungsrecht in Kraft, und der Ansturm auf die Ausländerämter hält weiter an. In Hamburg etwa hat sich die Zahl der Einbürgerungsanträge im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, in München sogar verdreifacht. "Vor allem bei Familien ist das Interesse groß", sagt Barbara Okelmann, stellvertretende Leiterin der Münchner Einbürgerungsstelle. "Wir hören oft: Wir wollen das für die Kinder machen."

Von den rund 2400 Anträgen in der bayerischen Landeshauptstadt sei mehr als die Hälfte für Kinder unter zehn Jahren gestellt worden. Nur noch bis bis zum Jahresende können sie den deutschen Pass zusätzlich zur Staatsangehörigkeit ihrer Eltern bekommen - so wie alle seit Januar neu geborenen Ausländerkinder. "Wir rechnen deshalb für Ende des Jahres noch einmal mit einem größeren Ansturm", erklärt Okelmann.

Mehr erhofft hatte die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck. Ihr Sprecher Bernd Knopf sagt: "Die Anträge bleiben weit hinter dem zurück, was tatsächlich möglich ist." Immerhin erfüllten annähernd 400 000 Kinder in Deutschland die Voraussetzungen. "Wir werden jetzt noch mal eine Broschüre rausgeben und über Grundschulen und Kindergärten verteilen." Vielleicht müsse man auch prüfen, ob die Frist nicht verlängert werden könne.

"Mit der Gesetzesänderung haben wir vor allem Gruppen erreicht, die bei der Ausbürgerung Schwierigkeiten hatten", sagt Knopf. Flüchtlinge, die als politisch Verfolgte Asyl erhalten und die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt hätten, hätten in ihren Heimatstaaten oft vergebens die Ausbürgerungspapiere beantragt. Hier habe die Neuregelung eine entscheidende Hürde beseitigt. So zählen Afghanen in Hamburg wie in München zu den Nationalitäten, die die meisten Anträge stellten. Auch bei jungen Nichtdeutschen, die hier aufgewachsen seien und sich mit der Gesellschaft identifizierten, sei das Interesse groß. Sie sähen vor allem die rechtlichen Vorteile, etwa bei Arbeitserlaubnis, Selbstständigkeit oder Reisen. Das Interesse älterer Arbeitnehmer, die seit vielen Jahren schon in Deutschland leben, sei dagegen unverändert: "Ihre Bindungen an das Herkunftsland sind stärker", erklärt Knopf.