Tirol online (A), 30.3.2000

Menschen als billige Handelsware

In der Nacht auf Donnerstag stoppten bayerische Polizisten auf der Inntalautobahn einen Miet- Lkw. Die Ladung: 35 Flüchtlinge.

KUFSTEIN, KIEFERSFELDEN (mz). Beamte der Polizeiinspektion Fahndung Rosenheim hatten den Transport um vier Uhr Früh auf der Inntalautobahn kurz nach der Grenze bei Kufstein/Kiefersfelden gestoppt. Auf der Ladefläche kauerten, eng aneinander gedrängt, 34 irakische Kurden und ein Tamile. "Die 25 Männer, sechs Frauen und vier Kinder dürften in Bozen in den Lkw eingestiegen sein. Sie wurden dann über Tirol nach Deutschland geschleust", vermutet Polizeirat Ernst Förg, Leiter der seit Jahren erfolgreichen Schleierfahnder aus Rosenheim. Er hat bereits Erfahrung mit derartigen Transporten: Tag für Tag greifen seine 90 Beamten Menschen auf, die illegal nach Deutschland einzureisen versuchen. "Vor einigen Monaten hatten wir 45 Personen in einem Wohnmobil", kramt Förg in den Akten, "kurz danach 18 in einem Ford Transit." Der Chef-Fahnder weiß, dass hinter dem Schlepper-Unwesen verschiedene Riesenorganisationen stecken. "Die Methoden und Routen der Schlepper ändern sich ständig: Einmal bevorzugen sie die Eisenbahn, dann wieder Lkw oder Pkw und wenig später steigen sie auf Shuttle-Züge um." Mittlerweile habe sich eine neue, noch mehr auf Gewinn ausgerichtete Art des Menschenschmuggels etabliert, behauptet Förg, "mit der sich bei weit weniger Risiko genauso viel Geld verdienen lässt wie mit Rauschgiftschmuggel oder Waffenhandel." Menschen werden als "Handelsware regelrecht verschachert" und wer bei diesem Handel draufzahlt, versteht sich von selbst: die ohnedies Not leidenden Flüchtlinge, die für die Transporte meist horrende Summen bezahlen müssen.

Wieviel die in Kiefersfelden gestellten Kurden für den Transport bezahlt haben, steht übrigens noch nicht fest. Nachdem sie alle Asylanträge gestellt hatten, wurden die 35 Personen noch gestern Donnerstag in die Aufnahmestelle für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nach München gebracht.

Weniger gut erging es dem Schlepper, einem 39-jährigen Deutschen aus Halle/Saale: Er wurde dem Untersuchungsrichter vorgeführt und wanderte in U-Haft. Ihm drohen bis zu zwei Jahre Gefängnis.