Berliner Zeitung, 27.3.2000

Treffen zwischen Clinton und Assad gescheitert

Vierter amerikanisch-syrischer Gipfel seit 1977

GENF, 26. März. US-Präsident Bill Clinton und der syrische Präsident Hafis el Assad sind am Sonntag in Genf mit ihrem Versuch gescheitert, die Friedensgespräche mit Israel zu erneuern. Das erhoffte Abkommen für eine Wiederaufnahme der im Januar ausgesetzten Verhandlungen zwischen Syrien und Israel sei nicht zustande gekommen, teilten US-Regierungsbeamte mit. Clinton unterrichtete den israelischen Regierungschef Ehud Barak telefonisch über den Verlauf seiner Gespräche. Die beiden Staatschefs und ihre Delegationen beendeten ihr Treffen, ohne den wartenden Journalisten etwas über Verlauf oder Inhalt der Gespräche mitzuteilen. Clinton wolle jetzt zunächst mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak über die weiteren Chancen im Friedensprozess für den Nahen Osten sprechen, verlautete aus Kreisend der US-Delegation. Mubarak wird am Dienstag zu einem Besuch in Washington erwartet. Schon vor der Zusammenkunft wandte sich Clintons Sicherheitsberater Sandy Berger gegen überspannte Erwartungen an die erste Unterredung Clintons und Assads seit 1994. Möglicherweise seien die Meinungsverschiedenheiten zwischen Syrien und Israel unüberbrückbar, sagte Berger. Doch galt bereits die Tatsache, dass der selten reisende Assad zu dem Treffen nach Genf flog, als Signal der Hoffnung. Zur syrischen Delegation gehörten Außenminister Faruk el Scharaa und der Leiter des Nationalen Sicherheitsbüros, Abdul Rauf el Kasem. Auf amerikanischer ahmen Berger, Außenministerin Madeleine Albright und der Nahost-Gesandte Dennis Ross an dem Treffen teil. Albright sagte über die Aussichten einer Annäherung zwischen Israel und Syrien: "Die Distanz zwischen ihnen ist gering, aber der Weg ist hart."

Syrien und Israel hatten im Dezember nach fast vierjährigem Stillstand uner amerikanischer Vermittlung ihre Gespräche wieder aufgenommen, setzten diese aber im Januar wieder aus. Damaskus will erst an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn Israel sich zur Rückkehr zum Grenzverlauf aus der Zeit vor dem Krieg 1967 verpflichtet. Israel hat seine Bereitschaft zur Rückgabe der Golanhöhen an Syrien signalisiert, verlangt aber genaue Absprachen über Gegenleistungen wie bestimmte Sicherheitsgarantien. Die der syrischen Regierung nahe stehende Zeitung "Tischrin" schrieb am Sonntag, die USA sollten Druck auf Israel ausüben, auf die syrischen Forderungen einzugehen. Das Treffen in Genf sei "die letzte Chance, den Friedensprozess voranzutreiben". Mit Blick auf das Ende seiner Amtszeit im Januar 2001 steht Clinton unter Druck, seine Außenpolitik mit der Vermittlung eines israelisch-syrischen Friedensabkommens erfolgreich abzuschließen.

Mehrere Dutzend syrische Kurden demonstrierten kurz vor Beginn des Treffens in der Nähe des Tagungshotels. Auf Transparenten forderten sie die umgehende Anerkennung der kulturellen und politischen Rechte der Kurden in Syrien.

Mehrere tausend Israelis haben am Sonntagabend vor der US-Botschaft in Tel Aviv gegen die US-Vermittlungspolitik demonstriert. Die rund 3 000 Demonstranten, überwiegend Bewohner der israelisch besetzten Golan-Höhen, fürchten, dass eine Einigung zur Rückgabe der 1967 eroberten Golan-Höhen führen wird. (AP, dpa)