Bieler Tagblatt (CH), 25.3.2000

Irak: Parlamentswahlen

Präsidentensohn gegen Parlamentspräsidenten

Bei der Parlamentswahl in Irak kandidiert der Präsidentensohn Uday gegen den bisherigen Parlamentsvorsitzenden.

Hans Dahne, Bagdad

Die Parlamentswahlen in Iraks Präsidialdiktatur am Montag wären normalerweise kaum eine Notiz wert. Spannend macht die Wahl ein einziger Wahlkreis in Bagdad: Überraschend tritt im reichen Stadtteil Mansur der Sohn Präsident Saddam Husseins, Uday, gegen den nicht unbeliebten Parlamentspräsidenten Saadun Hammadi an. Das Duell hat Brisanz: Anders als Saddams Familie gehört Hammadi zur Schiitenmehrheit. Für die meisten Iraker ist es ausgemachte Sache: Uday soll Polit-Karriere machen. Das Multitalent brachte es dank Vater Saddam vom Ingenieur zum Doktor der Politikwissenschaften, zum Chef des Nationalen Olympischen Komitees und des Journalistenverbandes. Uday besitzt einen Fernsehsender, eine Radiostation für Jugendliche und bringt die Herausgeber aller Zeitungen auf Linie. Auch soll er ein Schmuggelimperium leiten. Uday liegt im Trend. In den Monarchien in Bahrain, Jordanien und Marokko übernahmen die Söhne das Zepter ihrer verstorbenen Väter. In Syrien wird Bachar Asad für das Amt des Vizepräsidenten vorbereitet. Uday fiel bisher nur durch Eskapaden auf: 1988 erschlug er einen Freund seines Vaters, 1995 hatte Udays Onkel Watban bei einem Streit einen Beinschuss und mehrere tote Leibwächter zu beklagen. Ein tiefer Riss zog sich durch die Familie: Saddam und der jüngere Sohn Qusay auf der einen, Uday und Saddams Erstfrau Sayi-da auf der andern Seite.

Wende nach dem Attentat Die Wende kam im Dezember 1996 - in Udays jetzigem Wahlkreis Mansur. Der Präsidentensohn wurde von fünf Attentätern mit zehn Kugeln schwer verletzt. Komplizierte Operationen an der Wirbelsäule folgten. Heute kann Uday wieder gehen. Und Saddam Hussein gelang es, die Familie zu einigen. Wird Uday neuer Parlamentspräsident, so ist dies für viele Iraker eine «Kompensa- tion» dafür, dass Qusay Herr über alle Geheimdienste und einer der vier wichtigsten Vertrauten Saddams wird: neben Halbbruder Ali Hassan el-Majid, dem persönlichen Sekretär Abid Hamid Mahmud und dem Leibwächter Rakan Abdel Ghafur.

Zahm angedeutete Wahlen Dem Charakter des Parlaments entspricht die Vorwahlzeit: Es gibt weder Wahlkampf noch Fernsehdiskussionen. Bagdad sieht aus wie immer. Nur hängen an manchen Strassenkreuzungen Stofftransparente zur Wahl des einen oder anderen Kandidaten.