ap 27.03.2000 16:19

Iraker wählen neues Parlament

9,2 Millionen Wahlberechtigte entscheiden über 220 Sitze - Saddam Husseins Sohn Odai tritt erstmals an - Klares Votum für Präsident und gegen Sanktionen erwartet

Bagdad (AP)

Die Iraker waren am Montag aufgefordert, ein neues Parlament zu wählen. Etwa 9,2 Millionen der 25 Millionen Iraker sind wahlberechtigt. Sie sollen über die Besetzung von 220 der insgesamt 250 Parlamentssitze entscheiden. In den von Kurden kontrollierten Bezirken Erbil, Dahuk und Suleimanijeh im Norden des Landes wurde nicht gewählt. Die 30 Vertreter dieser Bezirke werden von Präsident Saddam Hussein ernannt. Wahlberechtigt sind alle Iraker ab 18 Jahren mit Ausnahme der Mitglieder der Streitkräfte, die nicht wählen dürfen.

Um die Mandate bewerben sich 512 Kandidaten, die allesamt der regierenden Baath-Partei angehören oder ihr nahe stehen. Die Opposition ist zur Wahl nicht zugelassen. Die 1.574 Wahllokale im Lande öffneten am Montag morgen um 8.00 Uhr (7.00 Uhr MESZ) und schließen um 20.00 Uhr (19.00 Uhr MESZ). Erste Ergebnisse wurden gegen 23.00 Uhr MESZ erwartet, mit endgültigen Ergebnissen ist aber nicht vor Anfang April zu rechnen. Die Baath-Partei hat die Wähler vor der Abstimmung dazu aufgerufen, mit ihrem Votum zu demonstrieren, dass sie die Regierung trotz der internationalen Isolation unterstützen und für die Aufhebung der Sanktionen eintreten.

Prominentester Kandidat ist der älteste Sohn Saddam Husseins, Odai, der sich erstmals um einen Parlamentssitz bewirbt. Odai, der 1996 bei einem Attentat schwer verletzt wurde, wurde vom Präsidenten in den letzten Jahren als sein Nachfolger aufgebaut. Viele Iraker erhoffen sich deshalb von seiner Kandidatur eine Aufwertung des nach der Verfassung recht bedeutungslosen Parlaments. Dieses kann keine für die Regierung bindenden Beschlüsse fassen, sondern nur Empfehlungen geben und Vorschläge machen, die dann vom eigentlichen Regierungsgremium, dem Revolutionären Kommandorat unter Vorsitz Saddam Husseins, gebilligt werden müssen.

Es wird mit einer Wahlbeteiligung von über 90 Prozent gerechnet. In Irak besteht zwar keine formelle Wahlpflicht, wer aber den Urnen fernbleibt, setzt sich leicht dem Verdacht aus, Regimegegner zu sein.