taz, 24.3.2000

Kopftuchfotos sind zulässig

In Nürnberg wurden Iranerinnen vor ihrer Abschiebung dazu gezwungen, sich für Passbilder zu verschleiern. Ein bayerisches Gerichtsurteil billigt nun diese Praxis

FREIBURG taz Frauen, die in den Iran abgeschoben werden sollen, können zu einem Kopftuchfoto gezwungen werden. Dies entschied gestern in einem Eilverfahren der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und billigte damit die Praxis der Stadt Nürnberg.

Der Fall betrifft iranische Staatsangehörige, die nach erfolglosem Asylverfahren in den Iran abgeschoben werden sollen. Für die Anfertigung von Ausweispapieren stellen die iranischen Behörden allerdings besondere Anforderungen an die Passbilder: Fotos, die Frauen ohne Schleier zeigen, werden zurückgewiesen. Um die Abschiebung sicherzustellen, fertigte deshalb die Stadt Nürnberg im Fall der Iranerin Roya Mosayebi entsprechende Passfotos unter Einsatz von Polizeigewalt an (taz vom 3. 1. 2000). Nach der heftigen öffentlichen Kritik setzten die Stadt Nürnberg und andere bayerische Kommunen ihre Praxis bis zu einer gerichtlichen Klärung aus. Geklagt hatten zwei iranische Frauen, Mutter und Tochter, die sich durch die drohenden Schleierfotos in ihrem Recht auf ein religiöses Nichtbekenntnis, der so genannten negativen Religionsfreiheit, verletzt sahen. Sie seien beide ungläubig und hätten sich bei den Behörden bisher nur deshalb als Muslime bezeichnet, weil es nicht möglich sei, aus dem islamischen Glauben "auszutreten". Außerdem lehnten sie den Schleier als "Maßnahme zur Unterdrückung der Frau" grundsätzlich ab.

Wie schon die Vorinstanz, das Verwaltungsgericht Ansbach, ließen auch die Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof diese Argumentation nicht gelten. Da der Kopftuchzwang nur für einen "kurzen Moment" erfolge, könne dies nicht mit einer religiösen Bekleidungsvorschrift verglichen werden.

Auch die Religionsfreiheit der beiden Frauen werde nicht verletzt, heißt es weiter in dem Beschluss, da der iranische Kopftuchzwang "weltanschaulich neutral" sei. So gehöre das Kopftuch nicht zum Kern der islamischen Glaubensüberzeugung, selbst wenn die entsprechenden Passbestimmungen religiös motiviert sein sollten. Ein Lichtbild mit Schleier werde von jeder iranischen Staatsangehörigen unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit verlangt. Auch Mitteleuropäerinnen, die ein Visum für die Einreise in den Iran benötigten, müssten sich den Passvorschriften beugen.

Gisela Seidler, die Anwältin der beiden Iranerinnen, überlegt nun, ob sie eine einstweilige Anordnung beim Bundesverfassungsgericht beantragt (Az.: 24 CS 00.12). CHRISTIAN RATH