Frankfurter Rundschau, 22.3.2000

Hamburg: Boykott gegen Ausländerbehörde

ind FRANKFURT A. M., 21. März. Rund 200 Menschen haben am Dienstag gegen die "rassistische und menschenunwürdige Politik" der Hamburger Ausländerbehörde demonstriert. Vom frühen Morgen an versuchten sie zu verhindern, dass mehrere Dutzend Afrikaner - unter ihnen etliche ehemalige Kindersoldaten - in dem Amt einem Botschaftsvertreter aus Sierra Leone vorgeführt werden. Bis zum Nachmittag hatten nach Angaben der Veranstalter erst sieben Flüchtlinge die Behörde betreten. Zwei von ihnen sollen bei dieser Gelegenheit umgehend verhaftet worden sein. Unbestätigten Berichten zufolge hat es am selben Tag auch in der sierra-leonischen Hauptstadt Freetown Proteste gegen die Botschaftsanhörungen gegeben. Die Hamburger Behörde hatte für Dienstag, Mittwoch und Donnerstag insgesamt 214 Afrikaner mit "ungeklärter" Staatsangehörigkeit vorgeladen. Der Diplomat aus Sierra Leone soll ihre Identität prüfen und gegebenenfalls Passersatzpapiere ausstellen, um eine rasche Abschiebung zu ermöglichen.

Die Demonstranten werfen dem Amt vor, bei den jüngsten Botschaftsanhörungen wiederholt gegen Datenschutz und Menschenrechte verstoßen sowie Begleitpersonen schikaniert zu haben. Zudem gleiche eine Abschiebung nach Sierra Leone einem Todesurteil, da dort trotz eines offiziellen Friedensvertrages noch immer Bürgerkrieg herrsche. Ein Sprecher der Behörde sagte der FR, man werde nun die rechtlichen Konsequenzen aus dem Anhörungs-Boykott prüfen. Vermutlich würden diejenigen, die diesmal fehlten, demnächst "zwangsweise vorgeführt".