taz Hamburg, 22.3.2000

Großzügig rechtswidrig

Anwalt gegen Massenanhörungen in Ausländerbehörde

Während gestern ein diplomatischer Vertreter Sierra Leones in der Hamburger Ausländerbehörde die Herkunft von SchwarzafrikanerInnen prüfen sollte, demonstrierten vor der Tür rund 200 Flüchtlinge und UnterstützerInnen gegen die Massenanhörungen. Auch juristisch regt sich Widerstand: Rechtsanwalt Mathias Wagner hat für seine MandantInnen Widerspruch gegen ihre Vorladung eingelegt: "Die geplante Anhörung in den Räumen der Ausländerbehörde trägt rechtswidrige Züge."

Seit vorigen Sommer lädt die Ausländerbehörde an jeweils drei Tagen Flüchtlinge zur Identitätsfeststellung vor. Solange residiert in ihren Räumen ein Botschaftsangehöriger eines afrikanischen Landes, der die Herkunft klären und Passersatzpapiere ausstellen soll. Denn ohne Papiere kann die Behörde nicht abschieben. Dem Botschaftsvertreter von Sierra Leone werden 214 Menschen vorgeführt.

Rechtsanwalt Wagner äußert in seinem Widerspruch die Befürchtung, dass "es sich um einen massiv von der Ausländerbehörde beeinflussten Vorgang handelt". Diese Gefahr ergebe sich schon durch die großzügige Kostenerstattung: Wie sich aus der Senatsanfrage der Regenbogen-Abgeordneten Susanne Uhl ergibt, bekommt der Botschafter 50 Mark für jedes einzelne Interview und 100 Mark für jeden Pass.

Zudem, so Wagner weiter, würden die BehördenmitarbeiterInnen Informationen über die betroffenen Flüchtlinge an die Botschafter weitergeben, die diese beeinflussen könnten. Hingegen seien die Verfahrensrechte der Flüchtlinge beschnitten: Soweit sie überhaupt in Begleitung hereingelassen würden, dürfte ihr Beistand sich nicht am Gespräch beteiligen. Als Anwalt Wagner sich bei einem Interview kurz mit seinem Mandanten besprach, habe ein Behördenmitarbeiter ihm angekündigt: "Sie werden hier an keiner Anhörung mehr teilnehmen." Elke Spanner